Europa

"Problem für Washington": USA missbilligen "prorussischen" Geheimdienstchef Serbiens

Eine Personalie in Belgrad sorgt wohl für Unzufriedenheit in Washington. Dies berichtet der CNN-Ableger in Belgrad und beruft sich "auf diplomatische Quellen". Demnach könnte Washington die Kooperation im Bereich der Nachrichtendienste mit Serbien deshalb zeitweise aussetzen.
"Problem für Washington": USA missbilligen "prorussischen" Geheimdienstchef SerbiensQuelle: Gettyimages.ru © Innenministerium Serbiens/Anadolu Agency

Wie der serbische Fernsehsender N1 unter Berufung auf Quellen aus der US-Botschaft in Belgrad berichtet, sollen die USA mit der Ernennung von Aleksandar Vulin zum Chef des serbischen Geheimdienstes BIA unzufrieden sein. Der 50-Jährige hat erst jüngst, am 1. Dezember des vergangenen Jahres, die Funktion übernommen. Er hatte zuvor das Innenministerium Serbiens geleitet, tauschte im Rahmen einer Kabinettsumbildung aber den Platz mit dem ehemaligen BIA-Chef Bratislav Gašić. 

Dem Bericht von N1 zufolge, der der lokale Ableger des US-Senders CNN International ist und in der Medienlandschaft Serbiens als prowestlich gilt, erwägt Washington, die Zusammenarbeit mit den serbischen Geheimdiensten aussetzen, bis Belgrad seine "personellen Entscheidungen" noch einmal überdenkt.

Vulin ist Gründer und ehemaliger Vorsitzender der Bewegung der Sozialisten (PS), einer den eigenen Angaben zufolge linken, laut ihren Kritikern jedoch eher nationalistischen Partei. Zurzeit regiert jene in Koalition mit der Fortschrittspartei von Aleksandar Vučić mit. Vulin, studierter Jurist, gilt in der serbischen Politiklandschaft als NATO-Gegner. Vor wenigen Monaten war er von prowestlichen serbischen Politikern scharf für seine Reise nach Moskau kritisiert worden. Vulin hatte sich Ende August 2022 mit dem russischen Außenminister Sergei Lawrow getroffen und beim Termin unter anderem die tiefe Freundschaft zwischen den beiden Ländern bekräftigt.

Laut N1 haben die USA Serbien wiederholt signalisiert, dass sie die Ernennung Vulins nicht gutheißen. Zuletzt sei dies etwa Anfang Januar bei einem Treffen zwischen dem US-Botschafter in Belgrad, Christopher Hill, und dem serbischen Außenminister Ivica Dačić zum Ausdruck gebracht worden. "Zuverlässige Quellen" hätten dem Sender demnach berichtet, Hill habe mit einem "Einfrieren" der Zusammenarbeit zwischen dem serbischen und den US-Geheimdiensten gedroht. Der US-Botschafter habe demnach darauf hingewiesen, dass Vulin ein "großes Problem" für Washington darstelle.

Hill soll Dačić zugleich mitgeteilt haben, dass die USA aber gern die Zusammenarbeit mit dem Innenministerium intensivieren würden. Laut Bericht soll ein baldiger Washington-Besuch des Innenministers erfolgen.

Der Fernsehsender, der als CNN-Ableger im gesamten ehemaligen Jugoslawien über Kabelfernsehen zu empfangen ist und unter Experten als eine eher pro-US-amerikanische Stimme in der Medienbranche gilt, behauptet in seinem Beitrag, die USA hielten Vulin für "prorussisch". Als Beleg verwies N1 auf die zahlreichen Treffen zwischen Vulin und Nikolai Patruschew, dem Sekretär des russischen Nationalen Sicherheitsrates, während Vulins Amtszeit als Innenminister. Der Sender brachte auch die Anschuldigungen des russischen Oppositionsaktivisten Wladimir Kara-Mursa vor, Vulin habe ihn im Auftrag Moskaus bei einer Veranstaltung in Belgrad abhören lassen. Vulin hat die Vorwürfe stets bestritten und angekündigt, Kara-Mursa wegen Verleumdung zu verklagen.

Angesprochen auf den Bericht, teilte die US-Botschaft dem US-Auslandssender Voice of America mit, dass man die Arbeit der Geheimdienste nicht kommentiere.

Erst jüngst, kurz nach dem Treffen von Hill und Dačić, machte der serbische Präsident Aleksandar Vučić in einem Interview eine kryptische Bemerkung über Belgrad, in dem es angeblich von Spionen nur so wimmele, und nannte die serbische Hauptstadt in Anspielung auf den berühmten Hollywood-Film aus dem Zweiten Weltkrieg "das neue Casablanca". Dem lokalen Fernsehsender Pink sagte Vučić, dass die Stadt seit dem Zweiten Weltkrieg keine derartigen Geheimdienstaktivitäten mehr erlebt habe und dass ausländische Agenten "offensichtlich verschiedene Dinge vorbereiteten". Im Dienste welcher Länder jene stehen sollen oder welche Ziele sie verfolgen, erwähnte der serbische Staatschef nicht.

Obwohl Belgrad offiziell die Mitgliedschaft in der Europäischen Union anstrebt und demzufolge seine Außenpolitik mit jener in Brüssel in Einklang bringen sollte, hat es Forderungen aus der EU und Washington, wegen des Ukraine-Konflikts Sanktionen gegen Moskau zu verhängen, bislang beharrlich abgelehnt. Vučić hat sich bislang auch geweigert, die abtrünnige serbische Provinz Kosovo als unabhängigen Staat anzuerkennen, worauf die USA seit fast 15 Jahren ebenfalls beharren.

Mehr zum Thema - Verteidigungsminister Serbiens warnt vor "gefährlichem Großalbanien"

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.