Meinung

Scholz verärgert China: "Internationale Beziehungen" zwischen China und Taiwan

Wie man ganz beiläufig diplomatisches Porzellan zerschlägt, hat Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Interview am Sonntag bewiesen. Er brauchte nur zwei Sätze, um Empörung in China auszulösen. Aber in Deutschland wird das vermutlich nicht einmal bemerkt.
Scholz verärgert China: "Internationale Beziehungen" zwischen China und TaiwanQuelle: www.globallookpress.com © Sina Schuldt

Von Dagmar Henn

Vielleicht hat Bundeskanzler Olaf Scholz es gar nicht so gemeint, wie es in China ankam. In seinem Interview mit dem Deutschlandfunk am Sonntag hat er viele Dinge gesagt, deren Wirklichkeitsgehalt, höflich formuliert, begrenzt ist. So lobte er die regierende Koalition mit der Bemerkung: "Das ist eine Koalition, die sich Fortschritt für unser Land vorgenommen hat und wir haben ja auch schon ganz viel davon auf den Weg gebracht." Eine Sicht, die nicht mehr allzu viele deutsche Bürger teilen dürften. Eine "beeindruckende Bilanz" wäre das höchstens, hätte sich Olaf Scholz nicht als Bundeskanzler, sondern als Abrissunternehmer verdingt.

Auch seine Behauptung, "dass wir jetzt diejenigen, die Angst haben, dass der Krieg Hunger bei ihnen auslöst, unterstützen", korrespondiert nicht ganz mit der Tatsache, dass das aus der Ukraine exportierte Getreide in die EU geliefert wurde und nicht nach Afrika. Und angesichts der Inflation und der Steigerungen bei den Energiekosten ist die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro, die Scholz als große Leistung verbucht, schon dreimal aufgefressen.

Aber er äußert sich nicht nur mit dem üblichen Geschwätz zur Ukraine, als hätte er nicht selbst, höchstpersönlich, bei seinem Besuch in Moskau bekundet, dass ihm die Opfer des Krieges im Donbass, gelinde gesagt, völlig gleichgültig sind. Und es ist mitnichten so, dass diese deutsche Regierung, die sich auf Gedeih und Verderb an eine US-Regierung gehängt hat, deren Rationalität mehr als begrenzt ist, wahrnimmt, was sich auf der Welt ereignet: Das Treffen in Samarkand etwa, dessen Teilnehmer fast für die Hälfte der Menschheit stehen. Die Tatsache, dass es nicht Russland ist, dem die Isolation droht, sondern im Gegenteil der gesamte Westen. Und es im Grunde nichts Dümmeres gibt, als ein weiteres Fass gegen China aufzumachen.

Auf die Frage, mit welcher Sorge er den Konflikt "zwischen China und Taiwan" sehe, antwortet er:

"Es ist wichtig, dass wir die Gewalt aus den internationalen Beziehungen verbannen. Das ist das, was wir als Politik zustande bringen müssen. Und deshalb ist das auch ein Prinzip, das uns in den Gesprächen mit anderen leitet, auch was die Entwicklung Chinas betrifft."

Mal abgesehen davon, dass die Waffenlieferungen an die Ukraine so ziemlich das Gegenteil von "Gewalt aus den internationalen Beziehungen verbannen" sind, und Scholz, würde er diese Haltung ernst meinen, sich um die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen hätte bemühen müssen – so steht doch fest: So harmlos diese Aussage den meisten deutschen Lesern auch vorkommt, sie ist es nicht.

Die Global Times widmete diesen zwei Sätzen einen ganzen Kommentar. "Die Bemerkungen von Scholz sind eine offenkundige Verlagerung der Schuld, da die Spannungen an der Straße von Taiwan durch unaufhörliche Provokationen und Einmischungen des Westens in Chinas innere Angelegenheiten und das fortgesetzte Herumtrampeln auf Chinas grundsätzlicher Linie ausgelöst werden. Scholz, so sagten Beobachter, sei in keiner Position, sich in die Frage von Taiwan einzumischen."

Tatsächlich liegt die Bösartigkeit seiner Aussage im Gebrauch der Formulierung "internationale Beziehungen", denn dazu müssten China und Taiwan zwei Länder sein. Das sind sie nicht. Taiwan wurde auch von der Bundesrepublik als Teil Chinas anerkannt. Wenn Scholz in diesem Interview den Begriff "internationale Beziehungen" verwendet, dann signalisiert er damit, dass er Taiwan als ein anderes Land sieht.

Nun ist das nicht die einzige Aussage bundesdeutscher Politiker, die zuletzt in China sauer aufgestoßen ist. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hatte erst am Freitag die Teilnahme von Bundeswehr-Flugzeugen an Manövern im Pazifik damit begründet, dass "Angriffe auf die territoriale Integrität von Ländern auch in anderen Regionen der Welt keineswegs ausgeschlossen seien", und dann von chinesischer Aufrüstung geredet.

Die Anwesenheit von dreizehn deutschen Flugzeugen bei einem von den USA geleiteten Manöver im Pazifik wird vom chinesischen Kommentator als "militärische Provokation" gesehen. Und auch die Äußerung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, man wolle im Verhältnis zu China "nicht mehr naiv sein", führte nicht gerade zu Begeisterung.

"Während die deutsche Regierung jedoch schwört, die Beziehungen zu China verringern zu wollen", schreibt die Global Times nicht ohne Spott, "streben deutsche Investoren nach dem Gegenteil – mit zunehmender Kooperation in der Automobilindustrie, bei der eine Reihe großer Investitionen mit China angekündigt werden, sagen Experten, und deuten auf die sich vertiefende Integration der Produktionsketten beider Seiten".

Während die Bundesregierung also die Rhetorik gegen China weiter verschärft und ganz nebenbei das Ein-China-Prinzip preisgibt, geht die Entwicklung in der realen Welt der Industrie in die entgegengesetzte Richtung. BMW ist der Automobilkonzern mit den niedrigsten Verkäufen nach China mit 34 Prozent, bei VW macht das China-Geschäft bereits 49 Prozent des Gesamtumsatzes aus.

Gemäß der neuen Weltsicht, dass Handelsbeziehungen Abhängigkeiten sind (außer es geht um die Vereinigten Staaten), hat Habeck sein Ministerium bereits beauftragt, Wege zu finden, Geschäfte mit China weniger attraktiv zu machen und chinesische Investitionen in Europa zu erschweren. Vermutlich ist er jetzt bereits auf der Suche nach chinesischen Agenten in seinem Ministerium, sollte es jemand gewagt haben, seinem ökonomischen Nihilismus zu widersprechen.

Aber die Konsequenzen dürften andere sein, als Habeck sich vorstellt, denn so sagte Liu Zuokui, ein Fachmann für Europa-Studien, der Global Times:

"Deutsche Unternehmen versuchen außerdem, um Risiken zu vermeiden und angesichts der explodierenden Energiepreise in Europa Kosten zu senken, Schlüsselbereiche der Produktion oder Hi-Tech-Investitionen nach China zu verlagern, wo das Investitionsklima weit sicherer und stabiler ist."

Wenn es Habeck nicht gelingen sollte, die Beziehungen nach China auch noch zu ruinieren, dann könnte Bundeskanzler Olaf Scholz das schaffen. Er muss nur weiter von "internationalen Beziehungen" zwischen China und Taiwan plauschen und so tun, als könne der Westen kein Wässerchen trüben. Wobei das Interesse Chinas an einer Zusammenarbeit mit einem deindustrialisierten Deutschland nicht allzu groß sein dürfte. Habeck und Scholz würden sich dann vermutlich für ihre Erfolge bei der Bekämpfung von "Abhängigkeiten" in den höchsten Tönen loben.

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