Tschechiens Präsident zu Explosionen in Munitionslager: Keine Beweise für russische Schuld
Nach einer Woche des Schweigens hat sich der tschechische Präsident Miloš Zeman zum Streit seines Landes mit Russland geäußert. In einer Fernsehansprache warnte der 76-jährige Politiker am Sonntag vor "jeder Form von Hysterie". Zuvor hatte die Regierung unter Ministerpräsident Andrej Babiš russische Geheimdienstagenten für Explosionen in einem Munitionslager in Vrbětice vor mehr als sechs Jahren verantwortlich gemacht.
"Der Fall Vrbětice sollte mit kühlem Kopf, ohne Hysterie und mit so vielen Informationen wie möglich behandelt werden", sagte Zeman. Das sei auch der Grund, warum er sich eine Woche Zeit gelassen habe, um den Fall zu kommentieren.
"Ich habe eine Reihe von Analysen erstellen lassen, und ich trete heute vor Sie als jemand, der glaubt, genügend Informationen zu haben, um die ganze Angelegenheit zu kommentieren", erklärte er.
In Bezug auf die mutmaßliche Verwicklung des russischen Geheimdienstes sprach Zeman von einem "Verdacht" und plädierte dafür, weitere Polizeiermittlungen abzuwarten. Er wies dabei auf Berichte des Sicherheits- und Informationsdienstes (BIZ) hin.
"Ich kann feststellen, dass im BIZ-Bericht steht – und ich habe diesen Satz unterstrichen –, dass es keine Beweise oder Zeugenaussagen gibt, dass diese beiden Agenten auf dem Gelände in Vrbětice waren. Schließlich wurde dort bei der Untersuchung des zweiten Geländes kurz vor seiner Explosion kein Sprengstoff gefunden", sagte Zeman in seiner Rede.
"Sechs Jahre lang hat der Sicherheits- und Informationsdienst den Fall Vrbětice in seinen Jahresberichten nie erwähnt, auch nicht in den nicht-öffentlichen Teilen. Erst in den letzten drei Wochen wurde Anklage gegen zwei russische Agenten erhoben, die mit zwei Pässen, einem tadschikischen und einem moldawischen, auf unserem Territorium operierten", fügte er hinzu.
Damit ließ der tschechische Präsident keinen Zweifel daran, dass die beiden angeblichen Agenten, Alexander Petrow und Ruslan Boschirow, sich im Jahr 2014 in der Tat in Tschechien aufhielten. Der Verdacht sei ernst zu nehmen, so Zeman. "Zum einen müssen wir uns fragen, was sie überhaupt hier wollten. Zweitens bedeutet die Tatsache, dass die BIZ ihre Beteiligung nicht bewiesen hat, nicht, dass sie das Gebiet von Vrbětice nicht betreten haben. Die polizeilichen Ermittlungen gehen von der Hypothese aus, dass einer der Inhaber der Firma IMEX sie dorthin geführt haben könnte. Dieser Verdacht muss entweder widerlegt oder bestätigt werden", sagte der tschechische Präsident.
Die Russen Alexander Petrow und Ruslan Boschirow wurden weltweit bekannt, als die britische Regierung sie des Nowitschok-Anschlags auf den ehemaligen Doppelagenten Sergei Skripal im britischen Salisbury im März 2018 beschuldigte. Zeman betonte außerdem, kein souveränes Land könne es sich leisten, dass zwei Agenten eines fremden Staates auf seinem Territorium einen derartigen Terroranschlag verüben. Er betonte, dass bei Explosionen im Munitionsdepot zwei tschechische Bürger gestorben seien.
Auf der anderen Seite wies Zeman darauf hin, dass die ursprüngliche Untersuchung der Explosionen in Vrbětice mit der Schlussfolgerung endete, dass sie durch unprofessionelle Handhabung beim Abtransport von Munitionsmaterial verursacht wurden. Der Präsident sieht es als erwiesen an, dass die Munition aus Waffendepots nach Bulgarien an einen dortigen Waffenhändler geliefert werden sollte.
Er schloss auch nicht aus, dass die Affäre in Wirklichkeit ein "Geheimdienstspiel mit ernsten Folgen für unser innenpolitisches Leben" gewesen sein könnte. Sollte sich jedoch herausstellen, dass russische Geheimdienstagenten an den Explosionen in Munitionsdepots beteiligt waren, so muss die Russische Föderation den Preis dafür zahlen – "zum Beispiel durch die Nichtbeteiligung von Rosatom an der Ausschreibung für Dukovany", so Zeman.
Der Kreml bestreitet die Vorwürfe der tschechischen Regierung vehement. Die Sprecherin des Außenministeriums Maria Sacharowa nannte sie Fake News und rief Prag dazu auf, die Weltöffentlichkeit über die in den Depots gelagerte Munition aufzuklären.
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