Europa

Bosnien und Herzegowina: Strafanzeige wegen Abstimmung gegen Russland bei den Vereinten Nationen

Bosnien und Herzegowina (BiH) – ein im ehemaligen Jugoslawien gegründeter trinationaler Staat bestehend aus zwei Entitäten und drei konstituierenden Völkern, stimmte am vergangenen Donnerstag für die Suspendierung Russlands aus dem UN-Menschenrechtsrat. Diese führte intern zu massiven Spannungen und sogar einer Strafanzeige gegen den bosnischen UN-Botschafter.
Bosnien und Herzegowina: Strafanzeige wegen Abstimmung gegen Russland bei den Vereinten NationenQuelle: AFP © Andrea RENAULT / AFP

Von Marinko Učur, Banja Luka

Es wäre natürlich nicht merkwürdig, wenn der UN-Botschafter dieses Landes, Sven Alkalaj, in dem laut Verfassung alles auf Konsens beruhen muss, eine Zustimmung für seine Vorgehensweise erhalten hätte. Allerdings entscheidet nur das dreiköpfige Präsidium über die Außenpolitik Bosnien und Herzegowinas (und hatte dazu keine einheitliche Position, weil die Republika Srpska "dagegen ist"). Da stellt sich also die Frage, für wen der genannte Diplomat seine Stimme abgegeben und dadurch die interethnischen Spannungen weiter angeheizt hat.

Natürlich löste sein Votum gegen Russland einen Sturm an öffentlichen Reaktionen aus, zumal seine Chefin, Außenministerin Bisera Turković, eine solche Möglichkeit vorab auf ihrem privaten Facebook-Profil angekündigt hatte.

Anstatt am Abbau der Spannungen zu arbeiten, wurde die umstrittene Stimme gegen Russland sofort vom Leiter der EU-Delegation in Bosnien und Herzegowina, Botschafter Johann Sattler, begrüßt: Er dankte Turković dafür, dass BiH "die richtige Seite gewählt und jene Positionen unterstützt hat, durch die die Verletzung der Souveränität der Ukraine und Völkerrechtsverletzungen verurteilt werden."

Russland hatte die Mitgliedsstaaten der UN zuvor gewarnt, dass ein "Dafür" oder eine Stimmenthaltung in Moskau als feindselige Geste mit Konsequenzen für die bilateralen Beziehungen angesehen würde. Diese Warnung wurde jedoch offensichtlich auf die leichte Schulter genommen. Sodass die Ministerin Turković im Einvernehmen mit den Behörden in Sarajevo eine illegale und illegitime Entscheidung traf, die nicht auf dem Konsens der drei konstituierenden Völker – Serben, Kroaten und Bosniaken – beruhte.

Die Ministerin ist Mitglied der Partei des verstorbenen muslimischen Kriegsführers Alija Izetbegović. Dieser wird von vielen auf dem Balkan als Verantwortlicher für den blutigen Krieg ethnischer, religiöser oder politischer Natur der 1990er Jahre angesehen. Turković ist oft als "Solospielerin" auf der internationalen Bühne aufgetreten, weshalb nicht selten ihre Abberufung gefordert wurde.

"Die heutige Position des Botschafters von Bosnien und Herzegowina bei den Vereinten Nationen, Sven Alkalaj, ist eine private Entscheidung eines muslimischen Kreises von Leuten aus Sarajevo und stellt einen Verstoß gegen verfassungsmäßige Verfahren und eine Zerstörung von Bosnien und Herzegowina dar",

So warnte das serbische Mitglied der dreiköpfigen Präsidentschaft, Milorad Dodik, am Donnerstag. Der Politiker distanzierte sich von der umstrittenen Abstimmung und wies darauf hin, dass ausschließlich das Staatspräsidium von BiH für die Außenpolitik zuständig sei. Die Öffentlichkeit ist auch verwirrt und besorgt über diese willkürliche Geste. Denn sie beeinflusst die inneren interethnischen Beziehungen negativ und versetzt die Bürger in eine Lage, in der sie sich fragen, was das letztendliche Ziel dieses Plans ist.

Es ist klar, dass der Druck aus Brüssel und Washington entscheidend war – nicht nur für dieses Land, sondern auch für andere Balkanländer, die ebenfalls für die Suspendierung Russlands gestimmt haben. Besonders überraschend war in diesem Zusammenhang die Stimme Serbiens. Denn das Land stimmte entgegen den Erwartungen seiner Bürger für einen Akt, der "einen Versuch der Vereinigten Staaten darstellt, ihre beherrschende Stellung und vollständige Kontrolle aufrechtzuerhalten, um die Linie des Menschenrechtskolonialismus in den internationaler Beziehungen fortzusetzen", sagte der russische UN-Botschafter, Gennadi Kusmin bei der Sitzung der UN-Generalversammlung.

Allerdings beharrt Serbien weiterhin auf der Absicht, keine Sanktionen gegen Russland zu verhängen, und ist in diesem Sinne sehr konsequent. Aber Bosnien und Herzegowina als ein Land, das vollständig von russischem Gas abhängig ist und dessen Subjektivität unter anderem von der Russischen Föderation als Garant der Friedensabkommen von Dayton bestätigt wird, sollte sich Sorgen machen.

Gleichzeitig hat das Land in Richtung Brüssel und die versprochene und erträumte EU-Mitgliedschaft kein Schritt weiter nach vorne gemacht.

In der Zwischenzeit wurde bekannt, dass das serbische Mitglied der BiH-Präsidentschaft, Milorad Dodik, Strafanzeige gegen die Außenministerin Bisera Turković und den Botschafter von BiH bei den Vereinten Nationen, Sven Alkalaj, erstattet hat. Und zwar, weil sie in der Generalversammlung gegen Russland gestimmt haben.

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