Europa

Proteste der Opposition in Albanien – Machtkampf oder Korruptionsaffären?

In Albanien, einem der ärmsten Länder Europas, gibt es sein einigen Tagen Proteste gegen den amtierenden Regierungschef. Dieser soll in eine Korruptionsaffäre verwickelt sein, in deren Mittelpunkt ein Ex-Agent des FBI und ein russischer Oligarch stehen.

Eine Analyse von Marinko Učur

Durch die in Tirana, der Hauptstadt Albaniens, am vergangenen Wochenende organisierte Massendemonstrationen wurde eine große Unzufriedenheit mit der Herrschaft von Premierminister Edi Rama zum Ausdruck gebracht, dessen Rücktritt der ehemalige Premierminister Sali Berisha und der ehemalige Präsident Ilir Meta fordern. Systematische Korruption und schlechte Staatsführung sind die Haupteinwände der Protestteilnehmer.

Demonstranten werfen dem Premierminister Rama vor, an einem Korruptionsskandal beteiligt gewesen zu sein. Demzufolge habe er den ehemaligen FBI-Agenten Charles McGonigal mit 225.000 Dollar bestochen. Der genannte Agent wird übrigens in den Vereinigten Staaten beschuldigt, dem FBI verdächtige Details über seine Geschäftskontakte zu einigen Politikern aus mehreren Balkanländern vorenthalten zu haben. Das US-Gericht, das im vergangenen Monat einen Haftbefehl gegen ihn erlassen hatte, wirft ihm insbesondere vor, dass er durch Verbindungen zum russischen Oligarchen Oleg Deripaska gegen westliche Sanktionen gegen Russland verstoßen habe.

Was auch immer der Grund für die Massenansammlung der albanischen Opposition ist – eine Tatsache ist, dass es schwierig ist, in diesem armen Land zu leben. Eine weitere ist, dass junge Albaner seit Jahren ein One-Way-Ticket in den Westen dem Verbleib in der Heimat vorziehen. Auf der Suche nach Arbeit ziehen sie massenhaft in westliche Länder, während die Regierung von Rama es versäumt hat, ein stabiles wirtschaftliches Umfeld zu schaffen und sie im Land zu halten. Der versprochene hohe Lebensstandard und bessere Lebensbedingungen nach dem NATO-Beitritt dieses Landes blieben auf dem Papier, die EU-Perspektive und Zukunft scheinen sehr weit entfernt zu sein.

"Es ist an der Zeit, dass diese Revolution das korrupte Geld zurückholt und es in höhere Gehälter und Renten umwandelt",

sagte Berisha am vergangenen Samstag seinen Anhängern und kündigte neue, noch entschlossenere Kundgebungen gegen das entfremdete Regime an.

Allerdings scheinen die Proteste im Schatten des erwähnten Korruptionsskandals um den Ex-Agenten McGonigal geblieben zu sein, der die Position des aktuellen Premierministers Rama ernsthaft erschüttert hat. Informationen über dessen frühere Lobbyarbeit für Ramas politische Interessen in Amerika gelangten an die Öffentlichkeit. US-Ermittlungsbehörden behaupten, dass McGonigal seine Beziehung zu einem ehemaligen Mitarbeiter des albanischen Geheimdienstes, der in der Anklageschrift als "Person A" bezeichnet wird, dem FBI verschwiegen habe. Über die "Person A" soll er den Kontakt zu Rama aufgenommen haben. Ende 2017 erhielt McGonigal von "Person A" insgesamt 225.000 US-Dollar in bar. Laut Anklageschrift, die in US-amerikanischen Medien veröffentlicht wurde, habe McGonigal gegenüber dem albanischen Agenten angedeutet, dass das Geld "ausgezahlt werden wird".

Mit der Absicht, den ehemaligen Vertrauten von Premierminister Rama zusätzlich zu kompromittieren, versucht die albanische Opposition davon zu profitieren, dass der ehemalige FBI-Agent auch als enger Vertrauter des russischen Milliardärs Oleg Deripaska genannt wird. Da die amerikanischen Behörden nach dem Beginn der militärischen Sonderoperation in der Ukraine den Druck auf russische Geschäftsleute erhöht haben, gibt der mutmaßliche Verstoß eines amerikanischen Geheimdienstoffiziers gegen die genannten Sanktionen den Regimegegnern in Tirana zusätzlichen Rückenwind.

Während seiner aktiven Karriere ermittelte McGonigal überwiegend russische Aktivitäten im Bereich Spionageabwehr und Spionage. Er arbeitete auch an hochsensiblen Aufgaben der Geheimdienstgemeinschaft, weshalb der Schock über seine Festnahme und Entlarvung groß war, insbesondere nach der Erkenntnis, dass russische Oligarchen, im konkreten Fall Deripaska, bis an die Spitze der amerikanischen Geheimdienste vordringen können. McGonigal war einst auch an der Untersuchung einer mutmaßlichen russischen Einmischung in die US-Präsidentschaftswahlen 2016 beteiligt.

Es ist bekannt, dass das US-Justizministerium im Rahmen der Kampagne der Biden-Administration gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin versucht, den Druck auf Anwälte und andere Personen zu erhöhen, die russische Oligarchen nach Beginn der russischen Spezialmilitäroperation in der Ukraine unterstützen.

Inwiefern die Lage rund um den Korruptionsskandal zwischen Edi Rama und Charles McGonigal den Oppositionsführern in Albanien helfen wird, an die Macht zu kommen und den Premierminister zum Rücktritt zu zwingen, ist noch zu früh abzuschätzen. Tatsache ist aber, dass die Opposition auf die Loyalitätskarte gegenüber Washington setzt. Sie beschuldigt Premierminister Rama, "das Image des Landes in der Welt zu beschmutzen". Ex-Premierminister Sali Berisha sagte bei der Kundgebung am Samstag vor seinen Anhängern:

"Der Drogen-Premierminister ohne Religion, ohne Staat, ohne Flagge korrumpiert den Chef der Spionageabwehr unseres Verbündeten, der USA."

Er forderte, dass Rama nach "diesem Akt der Illoyalität gegenüber dem großen Verbündeten des albanischen Volkes" zurücktreten solle.

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