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Poroschenko: Kandidat der Oligarchen

Den Kampf gegen den Einfluss der Oligarchen schreiben sich viele Kandidaten im ukrainischen Präsidentschaftswahlkampf auf die Fahne. Doch die Kampagnen der meisten Kandidaten finden mit Geld- und Medienressourcen der reichsten Unternehmen des Landes statt.
Poroschenko: Kandidat der OligarchenQuelle: Sputnik

Der beliebte Schauspieler und Moderator Wladimir Selenskij, der laut Umfragen als Favorit im Präsidentschaftswahlkampf gilt, hat verkündet, sich gegen den Einfluss der Oligarchen auf Politik und Medien einsetzen zu wollen. Auch die Vorsitzende der Allukrainischen Vereinigung Vaterland, Julia Timoschenko, tritt in ihrer Kampagne gegen die Oligarchen auf. "Mein Schlüsselstandpunkt ist die Deoligarchisierung", erklärte in den ersten Tagen seiner Amtszeit der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, der selbst unter den Top Ten der ukrainischen Forbes-Liste steht.

Alle führenden Politiker des Landes erklären, dass es notwendig sei, die Macht der Großunternehmen einzudämmen und dem System ein Ende zu setzen, in dem der Staat nicht im Interesse der absoluten Mehrheit handelt, sondern persönlichen und Gruppeninteressen eines engen Kreises der reichsten Menschen des Landes dient. Dennoch ist es kein Geheimnis, dass alle Präsidentschaftskandidaten ihren Wahlkampf mithilfe der Finanzmittel führen, die von Oligarchen bereitgestellt werden. Die einzige Ausnahme ist das amtierende Staatsoberhaupt Petro Poroschenko, der als Oligarch zugleich sein eigener Sponsor ist.

Zu den einflussreichsten Personen der Ukraine zählen laut der Zeitschrift Nowoje Wremja sechs große Unternehmer, die nach wie vor die wichtigsten Geldgeber für alle politischen Parteien und Projekte sind, die mit der Nominierung der Kandidaten zu tun hatten.

Gleichzeitig weisen die Finanzberichte der Präsidentschaftskandidaten und politischen Parteien keine Verbindung zu Oligarchen auf. Die Verbindung zum großen Kapital stellen die Politiker nicht gerne zur Schau, da sie sich dessen bewusst sind, dadurch bei den Wählern keine Pluspunkte sammeln zu können. Nach dem Gesetz kann ein Bürger höchstens 1,5 Millionen Griwna (55.000 US-Dollar) an eine Partei spenden, für eine juristische Person beträgt die Obergrenze für Spenden drei Millionen Hrywnja (110.000 US-Dollar). Allerdings behaupten Experten, dass man mit solchen geringen Beträgen bei der Präsidentschaftswahl kaum etwas anfangen könnte.

Sowohl der Kandidat als auch der Sponsor

Poroschenko behauptet, seine Wahlkampagne selbst zu finanzieren. Das überrascht eigentlich nicht. Sein angegebenes Einkommen für 2018 stieg um das 82-Fache – auf 1,3 Milliarden Hrywnja (etwa 50 Millionen Dollar). Für die Wahl im Jahr 2014, bei denen er zum Staatsoberhaupt gewählt wurde, gab Poroschenko 96,475 Millionen Hrywnja (etwa 3,6 Millionen Dollar) aus. Dabei geht aus dem Finanzmittelbericht von Poroschenkos Wahlfonds hervor, dass das ganze Wahlkampfgeld aus eigenen Mitteln des Präsidenten bestand.

Gleichzeitig glauben Experten, dass Poroschenko die Unterstützung der Mehrheit der Oligarchen genießt. Schließlich gilt er als Garant für die Regeln, die alle passend finden. Eine der wenigen Ausnahmen ist Igor Kolomoiski, der in den vergangenen fünf Jahren erhebliche Verluste hinnehmen musste und der jetzt unter dem Motto "Alle sind besser als Poroschenko" lebt. Im Laufe dieser Jahre hat Kolomoiski die größte Bank des Landes, die "Privatbank", verloren, viel an seinem Einfluss im Energiesektor eingebüßt und sich Feinde im metallurgischen Bereich gemacht. Gegen den in Ungnade gefallenen Oligarchen wurden außerdem mehrere Klagen vor dem Londoner Gericht in Höhe von über zwei Milliarden Dollar erhoben. Sollte Kolomoiski die Verfahren verlieren, dann steht er vor der Pleite.

"Achmetow ist ein Oligarch, der jetzt sehr gut verdient, also ist er auch an einer zweiten Amtszeit des amtierenden Präsidenten interessiert", sagte Anatolii Oktisjuk, ein Experte des "Hauses der Demokratie". Unter Poroschenko habe der Teil des Energiesektors, der Achmetow gehört, günstigere Tarife und vorteilhaftere Arbeitsbedingungen erhalten als je zuvor.

Die wichtigste Kraft von Poroschenko, so Experten, sei nicht einmal die Unterstützung der oligarchischen Kreise und nicht die treue Arbeit eines Fernsehsenders, sondern die Verfügbarkeit von administrativen Ressourcen, mit deren Hilfe er beabsichtigt, die Wahl zum zweiten Mal zu gewinnen.

Kolomoiski setzt auf Selenskij und Timoschenko

Kolomoiski, der mit Poroschenko konfrontiert ist, veröffentlichte Ende 2018 mehrere Programminterviews, in denen er deutlich machte, auf wen er setzte: den Vertreter der Partei "Diener des Volkes", den Schauspieler Wladimir Selenskij und die Vorsitzende der Partei "Vaterland" Julia Timoschenko. Laut Kolomoiski können nur diese beiden Kandidaten Poroschenko vom Thron stoßen. Es ist bemerkenswert, dass Kolomoiski genauso wie Timoschenko und Selenskij aus der Region Dnipropetrowsk stammt und die beiden seit vielen Jahren gut kennt.

"Es ist nicht notwendig, die Kandidaten mit Geld zu unterstützen, der Fernsehsender von Kolomoiski 1+1 ist auch ein Werkzeug des politischen Kampfes", sagte der Rada-Abgeordnete Wiktor Tschumak.

Tatsächlich gehörte Timoschenko während der gesamten Kampagne zu den begehrtesten Gästen bei 1+1. Sie wird regelmäßig erwähnt und in einem positiven Licht gezeigt.

Dies hat den Anhängern von Poroschenko bereits Anlass gegeben, Julia Timoschenko öffentlich politischer Verbindungen zu Kolomoiski und der Doppelmoral zu beschuldigen, in ihren Reden stelle sie sich gegen die Oligarchen, aber in Wirklichkeit diene sie ihnen.

Wladimir Selenskij, der in Wahlumfragen schon seit Wochen führt, ist bei 1+1 noch präsenter. Zum ersten Mal hat Kolomoiski den Präsidenten am Silvesterabend herausgefordert. Damals kündigte Selenskij bei 1+1 an, dass er sich entschied, für das Präsidentenamt zu kandidieren – in Form des traditionellen Glückwunsches eines Staatsoberhauptes. Die Rede des echten Präsidenten wurde erst danach ausgestrahlt. Es ist klar, dass Selenskij diesen Schritt nicht ohne Einwilligung des Eigentümers des Kanals machen konnte.

Nur wenige Tage vor den Wahlen strahlte der Sender die dritte Staffel der Serie "Diener des Volkes" aus, in der Selenskij die Rolle des Präsidenten der Ukraine spielt. Die Serie ist auch der Namensgeber für seine neue politische Partei. Im ganzen Land war sie ein voller Erfolg. In den ersten Folgen der neuen Staffel werden alle Akteure des heutigen politischen Lebens satirisch dargestellt, auch die Rivalin Timoschenko scheitert im Film als kürzlich gewählte Präsidentin Schanna Borisenko.

Noch am 30. März, dem Tag des Schweigens vor den Präsidentschaftswahlen am 31. März, wird der Sender fast das gesamte Nachmittagsprogramm mit Werken des Schauspielers füllen. Dazu gehören die Comedy-Show 95 Quartal, Rassmeschi komika, ChistoNews und der Dokumentarfilm "Reagan", in dem Selenskij dem ehemaligen US-Präsidenten seine Stimme leiht. Reagan war bekanntlich ein Ex-Schauspieler.

In Bezug auf die Person des amtierenden Präsidenten war der Sender lange Zeit loyal, aber in den letzten Monaten werden er und seine Arbeit hauptsächlich in ein negatives Licht gerückt.

Firtasch will Bojko als Präsident

Der Geschäftsmann Dmitri Firtasch gehört zu den wenigen Oligarchen, deren Vermögen zu Poroschenkos Zeit spürbar zusammengeschmolzen ist, obwohl er – Ironie des Schicksals – einer derjenigen war, diePoroschenkos Kandidatur am stärksten unterstützt hatten. Firtasch lebt seit 2014 in Österreich und kann das Land wegen einer drohenden Auslieferung in die USA nicht verlassen. Er steht dem Präsidentschaftskandidaten und Gründer der "Oppositionsplattform – Fürs Leben" Juri Bojko nahe. Bojko gilt als "Gasowik", ein Mann aus dem Gas-Sektor, wo Firtasch sein erstes Vermögen gemacht hat. Der Fernsehsender Inter ist die wichtigste Medienressource des Oligarchen und seines Partners, des ehemaligen Leiters der Präsidialverwaltung zu Janukowitsch-Zeit Sergej Ljowotschkin.

Bojko wird darüber hinaus von dem Vorsitzenden des politischen Rates der "Oppositionsplattform – Fürs Leben", dem Chef der Bewegung "Wahl der Ukraine – Rechts des Volkes" Wiktor Medwedtschuk unterstützt. Er ist kein Oligarch im traditionellen Sinne und besitzt in der Ukraine keine Medien. Aber Medwedtschuk ist keineswegs ein armer Mensch und hat Einfluss auf die Fernsehsender 112 Ukraine und NewsOne.

Juri Bojko und der Präsidentschaftskandidat von 2014 Wadim Rabinowitsch sind die beliebtesten Gäste der beiden Sender. Im Fernsehen kritisieren die beiden die Regierung scharf. Bojko spricht oft auch über das von Medwedtschuk vorgeschlagene Programm zur Konfliktlösung im Donbass und fordert die Wiederherstellung der Wirtschaftsbeziehungen zu Russland. In den letzten Tagen sorgte eine gemeinsame Reise von Bojko und Medwedtschuk nach Russland für großes Aufsehen in der Ukraine. In Moskau trafen sie sich mit dem russischen Premier Dmitri Medwedew und Gazprom-Chef Alexej Miller – ein vertrauter Verhandlungspartner für den ehemaligen ukrainischen Energieminister Bojko.

Laut dem Politologen Igor Petrenko ist Medwedtschuk nicht an den Präsidentschaftswahlen interessiert. "Er will mit einer großen Fraktion ins Parlament einziehen, um dort eine Verfassungsreform durchzupeitschen, die die Befugnisse des Präsidenten einschränken soll. Dann könnte man die von ihm angestrebte Dezentralisierung durchführen", sagte der Experte. Er erinnerte daran, dass Medwedtschuk der Autor des aktuellen Modells der Regierungsführung in der Ukraine ist, der parlamentarisch-präsidialen Republik.

Achmetow ist an Rada-Wahlen interessiert

Der reichste Mann der Ukraine, Rinat Achmetow, unterstützt Poroschenko ganz offen. Der Fernsehsender Ukraine, der dem Oligarchen gehört, zeigt das aktuelle Staatsoberhaupt als starken Kommandanten, der Moskau verbal angreift und über die Unabhängigkeit der Ukraine von Moskau in allen Bereichen spricht, sei es wirtschaftlich, sprachlich, kulturell. Wohlwollende Geschichten über den Präsidenten erscheinen in den Nachrichten von Achmetows Kanal drei- bis viermal pro Woche. Darüber hinaus wurde auf der Webseite des Kanals eine Reihe von Sonderberichten "Auf den Spuren von Nutznießern der Fördergelder" ausgestrahlt, in denen Aktivisten und Abgeordnete, die Poroschenko kritisierten, "enthüllt" wurden.

Gleichzeitig setzt Achmetow auch auf andere Pferde, wie Beobachter feststellten. Medienberichten zufolge ist er derjenige, der in den Präsidentschaftswahlkampf des Vertreters des "Oppositionsblocks" Alexander Wilkul (Umfragewerte um vier Prozent) und des Vorsitzenden der Radikalen Partei Oleg Ljaschko (Umfragewerte um sechs Prozent) investiert.

Ihre Umfragewerte sind bei Weitem nicht "präsidial", und sie werden keinesfalls den zweiten Wahlgang erreichen. Aber durch seinen populären Fernsehsender kann Achmetow sie für die Herbstwahlen der Werchowna Rada angemessen "fördern".

Pintschuk unterstützt alle Kandidaten

Nach Angaben der ukrainischen Medien hat der Eigentümer der ebenso beliebten TV-Sender ICTV, STB und Nowy Kanal, Wiktor Pintschuk, keinen expliziten Favoriten bei der Präsidentschaftswahl. Der Oligarch gewährt allen Teilnehmern des Wahlkampfes Zugang zu seinen Kanälen: Julia Timoschenko, Petro Poroschenko, Wladimir Selenskij, dem Chef der "Partei Zivile Plattform" Anatoli Grizenko und anderen aussichtsreichen Kandidaten.

Pintschuk hat immer versucht, sowohl äquidistant als auch allen wichtigen politischen Akteuren gleichermaßen nahe zu sein. Er unterstützt nicht irgendjemanden finanziell, sondern bietet allen wichtigen Präsidentschaftskandidaten auf seinen Fernsehsendern Sendezeit.

"Ich sehe nicht, dass Pintschuk auf einen bestimmten Kandidaten setzt. Er ist bereit, mit allen zu arbeiten, und kann mit jedem bequeme Vereinbarungen treffen. Er hat unter keiner Regierung etwas eingebüßt", sagt der Politologe Igor Petrenko.

Beobachter stellen fest, dass ukrainische Oligarchen traditionell Risiken diversifizieren und oft mehrere Kandidaten gleichzeitig finanzieren. Hektische Bewegungen sind ihnen fremd, sie warten auf den zweiten Wahlgang. Und es ist durchaus möglich, dass auch dann die Mehrheit von ihnen beide Kandidaten zugleich unterstützten wird. Die reichen Menschen sind sehr geschickt im Zählen und setzen nicht alles auf eine Karte.

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