Deutschland

Klammheimliche Freude? Reaktionen in Deutschland auf Tod von Darja Dugina

In der Nacht von Sonnabend auf Sonntag kam Darja Dugina, die Tochter des russischen Philosophen Alexander Dugin, durch eine Autobombe ums Leben. Das Attentat, das vermutlich Dugin selbst gegolten hat, wird in der deutschen Presse fast mit gewissem Verständnis, ja teilweise kaum verhohlener Genugtuung quittiert.
Klammheimliche Freude? Reaktionen in Deutschland auf Tod von Darja Dugina© https://t.me/kanzlerdaddy/2575

Eine Durchsicht der deutschen Presse am Tag nach dem gewaltsamen Tod von Darja Dugina, der Tochter des russischen Philosophen und Publizisten Alexander Dugin, hinterlässt einen verstörenden Eindruck. Alle großen Zeitungen und Internetportale melden den Anschlag auf die junge russische Philosophin, Politologin und Journalistin, doch dabei bleibt es nicht. Hier eine Übersicht der publizistischen Reaktionen aus dem Mainstream auf den tödlichen Anschlag.

Die entscheidenden Wertungen sind bereits in der Meldung der Tagesschau enthalten, die von Dugin als einem "rechtsnationalistischen Ideologen" und seiner Tochter als "glühender Verfechterin des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine" spricht. Vermutungen, dass die Ukraine hinter dem Attentat stehen könnte, werden von der Tagesschau "russischen Nationalisten" und "prorussischen Kräften in der Ukraine" zugeschrieben. Und die ARD-Nachrichtenplattform zitiert in ihrer Meldung abschließend den Kiewer Präsidentenberater Michail Podoljak, der erklärt hatte, Kiew habe "natürlich nichts" mit dem Mord zu tun, und vorsorglich nicht vergaß, folgende Begründung hinzuzufügen: "weil wir kein krimineller Staat sind – wie die Russische Föderation – und schon gar kein Terrorstaat".

Die FAZ fügte, wie viele andere Presseorgane, ein weiteres Element hinzu: Dugin wird als "prominenter Unterstützer des russischen Präsidenten Wladimir Putin und eines großen 'Eurasiens' unter Moskauer Führung" bezeichnet. Mit Dugin werden imperialistische und monarchistische politische Konzepte in Verbindung gebracht. Seine Tochter habe diese "Ideologie" geteilt. Immerhin erwähnt die FAZ, dass Dugin und seine Tochter von den USA und Großbritannien "wegen Verbreitung 'falscher Informationen' über den Krieg [in der Ukraine; Anm. d. Red.] mit Strafmaßnahmen belegt" worden sind.

Ganz Boulevardblatt, ernennt die Bild-Zeitung Darja Dugina post mortem noch zur "Putin-Propagandistin". Und das Springerblatt greift auch die stereotypen Zuschreibungen von Dugin als "Einflüsterer" Putins oder "Putins Gehirn", ja sogar von Putins "Rasputin" – mit dem erklärenden Zusatz "nach dem berühmten Hochstapler am Hofe des letzten russischen Zaren" – auf. Die Hypothese, dass der ukrainische Geheimdienst hinter dem Anschlag stecken könnte, wird von Bild damit abgetan, dieser sei "derzeit" nicht "in der Lage", "ein solches Attentat auszuführen".

Ähnlich hält es das Schwesterblatt Welt, das auch von Dugin als "Putins Chefideologen" schreibt und eine mögliche ukrainische Spur kleinredet. Wieder gilt Dugin als "Vordenker des russischen Präsidenten Wladimir Putin", wobei raunend hinzugesetzt wird, "manche" sähen Dugin "auch als Ideengeber für den Krieg in der Ukraine". Das Berliner Lokal-Boulevardblatt B.Z. titelt ähnlich wie die große Schwester: "Autobombe tötet berühmte Putin-Propagandistin Darya Dugina", was wenig wundert, da der Artikel von derselben Autorin stammt, die auch an der Bild-Meldung geschrieben hat. Julian Röpcke hat ebenso in diesem Duktus getwittert:

Nahezu gleichlautend wie die Springerblätter ordnet auch der Berliner Tagesspiegel schon im Titel ein: "Tochter des Putin-Ideologen Alexander Dugin bei Autoexplosion getötet", wobei die Zuschreibungen sich ansonsten nicht stark unterscheiden. Etwas zurückhaltender formuliert das zweite Hauptstadt-Blatt, die Berliner Zeitung: Hier wird Dugin nur als "Putin-Verbündeter" und "Helfer" tituliert, wobei auch der Begriff "Gehirn" (Putins) nicht fehlen darf. Von Darja Dugina heißt es hier, sie sei in die "Fußstapfen ihres Vaters getreten".

Die vermeintlich "alternative" Berliner taz zäumt ihre Meldung über den Anschlag mit dem Dementi der Ukraine auf, nichts damit zu tun zu haben: "Ukraine: 'Wir sind kein Trrorstaat'" (Orthographie im wie Original; Anm. d. Red.). Von der jungen Welt lag am Sonntag offenbar noch keine Meldung vor. Süddeutsche Zeitung und Spiegel halten sich ebenfalls an das Framing: "Putins Chefideologe" beziehungsweise noch allgemeiner "russischer Ideologe", wobei sich die SZ bei der dpa bedient.

Scheinbar vorsichtiger schreibt dagegen die Zeit von Dugin nur als "kremlnahem Ideologen", der gleichwohl als "rechtsnationalistischer Autor" eingeführt wird. Eine weitere Publikation aus dem Holtzbrinck-Konzern, das Handelsblatt, schreibt ebenso von Dugin als "Hirn Putins" und betont, dass Darja Dugina "prominente Verfechterin des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine" gewesen sei. Nicht überraschend, dass auch die zweite Nachrichten-Illustrierte, der Focus, nahezu gleichlautend davon schreibt, dass die "Tochter von 'Putins Gehirn' mit Autobombe getötet" worden sei.

Ein neues Element, das eine Verbindung zur innerdeutschen Debatte schafft, bringt allerdings das SPD-nahe RedaktionsNetzwerk Deutschland (rnd) hinein, indem vermeldet wird, ein AfD-Politiker habe anlässlich des Anschlages sein Beileid geäußert. Das rnd zitiert den stellvertretenden Landesvorsitzenden der AfD in Sachsen-Anhalt, Hans-Thomas Tillschneider, der auf Twitter geschrieben habe: "Mein Beileid dem Vater, der auch eine Tochter im Geiste verliert […] Möge die Tat auf die feigen Mörder zurückschlagen."

Um den Bogen zu den Boulevard-Blättern zurückzuschlagen: Stellvertretend für die reichweitenstarken Mainstream-Portale seien t-online und web.de erwähnt, die ganz ähnlich wie Bild eine Schuld Dugins und seiner Tochter selbst an dem Mordanschlag nahelegen. T-online titelt: "Der Hass schlägt zurück", und web.de: "Auto explodiert: 'Kriegspropagandistin' Dugina stirbt bei Anschlag".

Diese Form der Berichterstattung erinnert, wenn auch unter umgekehrten politischen Vorzeichen, an das berüchtigte Schreiben des "Göttinger Mescalero", der 1977 von "klammheimlicher Freude" nach der Ermordung von Generalbundesanwalt Siegfried Buback geschrieben hatte.

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