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Chaosflüge in den Sommerurlaub: Gestrandetes Gepäck, Personalmangel und technische Probleme

Engpässe, Personalmangel und Missmanagement – die gesamte Flugbranche leidet. Derzeit fehlt es an allem, vom fähigen Personal bei der Passagierkontrolle bis hin zu den Piloten. Auf den Flughäfen spielen sich zunehmend groteske Szenen ab. Droht uns im Sommer ein Flugchaos? Vermutlich ja.
Chaosflüge in den Sommerurlaub: Gestrandetes Gepäck, Personalmangel und technische ProblemeQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/STAR-MEDIA

Was ist denn an westlichen Flughäfen los? In London stapeln sich wegen einiger Probleme mit der Gepäckverteilung die Koffer. In Deutschland und den USA streichen gleich mehrere Fluggesellschaften massenhaft Flüge. Und auch die Schweiz ist derzeit vor Problemen im Flugverkehr nicht gefeit: Dort fiel landesweit und über Stunden hinweg das gesamte System der Flugsicherung aus. Ist ein Flugchaos angesichts der sich anbahnenden Hauptreisezeit überhaupt noch vermeidbar? Oder bleiben die Urlauber auch in diesem Jahr – lieber oder ungewollt – am Boden?

"Endlich wieder Urlaub", dachten viele Passagiere, als sie im Frühjahr ihren ersten Urlaub nach zwei Jahren "Corona"-Pandemie buchten. Jetzt droht Reisewilligen allerdings neuerlich ein böses Erwachen aus einem anderen Albtraum. Viele der geplanten Flugstrecken werden nicht bedient, bereits gebuchte Flüge fallen aus. Denn angesichts der starken Reisenachfrage nach der COVID-19-Pandemie kommt es verstärkt zu Warteschlangen, Verspätungen oder gleich Streichung der Flüge. Die unterschiedlichen Gründe für das derzeitige Chaos seien nach Angaben der Flughafenbetreiber und Airlines demnach angebliche Engpässe durch Personalmangel, die vor allem den Betriebsablauf beim Check-in sowie bei den Sicherheitskontrollen und der Gepäckabfertigung stören.

Zu wenig Boden-Personal

"Über alle Standorte hinweg fehlen den Dienstleistern, die an der Abfertigung der Passagiere beteiligt sind, rund 20 Prozent Bodenpersonal im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit", erklärte Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV, der Illustrierten Stern. Und wenn die ehemaligen Mitarbeiter dann doch zurückkehren, müssen sie zunächst neuerlich eine langwierige Sicherheitsüberprüfung durchlaufen. "Das kann vor allem beim Check-in, beim Beladen der Koffer und in der Luftsicherheitskontrolle zu Engpässen in Spitzenzeiten führen", so Beisel.

Die Auswirkungen des Personalmangels an Flughäfen wurden in der vergangenen Woche insbesondere jenen Passagieren bewusst, die ihre Flugreise auf einem der Flughäfen in London, Nürnberg, Hamburg oder in vielen anderen Städten beginnen wollten. Zwar hoben die meisten Flugreisenden von dort tatsächlich in den Urlaub ab, ihre Gepäckstücke blieben jedoch am Boden zurück. So habe beispielsweise am Flughafen London Heathrow die aktuelle Überlastung im weltweiten Flugverkehr, ergänzt durch fehlendes Personal, dazu geführt, dass sich Tausende Koffer noch in den Terminals stapeln. 

Bilder, die eine Sky-News-Reporterin von Sky News am Freitag zunächst auf Twitter veröffentlichte, zeigen eine Flut von Koffern und Taschen, die sich anscheinend recht ungeordnet über das gesamte Flughafengelände erstreckt. Wie mehrere britische Medien später berichteten, wurde das Chaos so groß, dass die meisten Passagiere ohne ihr Gepäck fliegen mussten. Das Personal vor Ort teilte den Passagieren demnach mit, dass sie noch bis zu zwei Tage auf ihre Koffer warten müssten. Einige Flugreisende warten Berichten zufolge aber noch immer auf ihr Gepäck. Um Ordnung in das Chaos zu bringen, sollen Mitarbeiter die Massen an Gepäck sortiert haben, indem sie an verschiedene Pfosten mit aufgeklebten Buchstaben "sortiert" wurden. Auch dieses "System" brach durch die Masse der bereits angestauten und der zusätzlich nachströmenden Koffer allerdings schnell wieder zusammen, heißt es in Berichten. 

Nicht nur bei den Abreisenden aus Großbritannien machte sich großer Frust breit. Auch die an mehreren Flughäfen in Deutschland mit derselben Problematik konfrontierten Fluggäste mussten ihren Urlaub ohne Kleidung, Hygieneutensilien und dergleichen antreten und infolgedessen vor Ort (zumindest zunächst) auf eigene Kosten das Nötigste nachkaufen. Um das derzeitige Chaos an den Flughäfen zu mindern, schlug der Chef des irischen Billigfliegers Ryanair indes vor, eine Zeit lang Militär verpflichtend an Flughäfen einzusetzen. Die Streitkräfte dort einzusetzen, wie es an anderen Flughäfen gemacht werde, würde auf einen Schlag den Druck vom Flughafen-Sicherheitspersonal nehmen, sagte Michael O’Leary am Donnerstag dem britischen Sender ITV, so wie er früher auch schon mal Stehplätze in Flugzeugen gefordert hatte.

Missmanagement bei den Airlines 

Zu dem Chaos an den Flughäfen kommt hinzu, dass auch die Fluggesellschaften in dieser Saison vor nahezu unlösbaren Problemen stehen. Erst kürzlich kündigten die Lufthansa und deren Tochtergesellschaften Eurowings und Swiss sowie die Billigfluglinie easyJet an, im Sommer tausende Flüge zu streichen. Allein die Lufthansa cancelt im Juli rund 900 Flüge innerhalb Deutschlands und Europas. Vor allem an den unter Reisenden beliebten Wochentagen Freitag, Samstag und Sonntag entfallen in der nächsten Zeit zahlreiche Flüge. Mit ihren Problemen stehen die europäischen Fluggesellschaften allerdings weltweit gar nicht alleine da. Auch die US-amerikanischen Fluggesellschaften Delta, American Airlines, Alaska Airlines sowie JetBlue Airways stehen auf der nahezu endlos langen Liste derjenigen, die massenhaft und weltweit Flüge gestrichen haben.

Die von den Airlines genannten Gründe für die vielen Unplanmäßigkeiten und Unterbrechungen sind vielfältig und reichen von schlechtem Wetter bis hin zu den angeblichen wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine. Aber auch hier ist dennoch der am häufigsten genannte Grund das fehlende Personal. Ähnlich wie in vielen anderen Branchen war der Personalmangel in der Luftfahrt auch schon vor der Pandemie ein Dauerproblem. Die mit Corona einhergehende Reiseproblematik verschärfte den Mangel jedoch noch, da die Fluggesellschaften im Zuge des verringerten Reiseaufkommens kurzerhand Tausende von Mitarbeiter auf die Straße setzten.

"Dass der radikale Stellenabbau in vielen Bereichen der Luftfahrt sich bei der Erholung negativ auswirken würde, war seit Langem klar", klagte der Präsident der Pilotenvereinigung Cockpit Stefan Herth in einer Mitteilung der Vereinigung Cockpit (VC). "Wir wissen, dass Flüge auch wegen Pilotenmangels ausfallen." Schnell genügend Piloten zu finden, sei jedoch nicht leicht. Das gelte weltweit. Doch ein weiterer Faktor spielt eine große Rolle. In den vergangenen zwei Jahren haben zehntausende Piloten Angebote angenommen, vorzeitig in den Ruhestand zu treten, oder haben sich angesichts der langen Pandemie umorientiert und sind in eine andere Branche gewechselt. Jetzt fehlen diese Leute.

"Die meisten Airlines werden schlicht und einfach nicht genügend Piloten haben, um ihre Kapazitätspläne umzusetzen", prognostizierte Scott Kirby, Vorstandsvorsitzender von United Airlines, mit Blick auf das derzeit weltweit herrschende Flugchaos. "Das wird sich mindestens in den nächsten fünf Jahren auch nicht ändern", erklärte er mehreren US-Medien. Die Probleme im Flugverkehr mindern jedoch nicht nur die Gewinnerwartungen der Manager. Sie belasten vor allem das restliche, der Luftfahrtbranche treu gebliebene Personal.

"Der Sommer wird hart, das zeigt sich jetzt schon in personalmangelbedingten Annullierungen und der Masse an Flugstunden, die sich anhäufen", heißt es in einem gemeinsam von den Gewerkschaften UFO, Verdi und VC verfassten Schreiben an die Chefs der Fluggesellschaft Condor. "Viele von uns stehen schon jetzt an der individuellen Belastungsgrenze." Es herrsche Frust und Wut. Mitarbeiter seien sogar in Tränen ausgebrochen und übermüdet, so die Gewerkschaften. 

Technische Probleme 

In der Schweiz wurde der Flugverkehr in der vergangen Woche sogar komplett lahmgelegt. Dort hatte die Schweizer Flugsicherung den Luftraum des Landes am Mittwochmorgen für Verkehrsflugzeuge wegen einer technischen Störung gänzlich gesperrt. Von dem Ausfall waren nach Angaben der Betreiber alle Flughäfen in dem Land betroffen, darunter Genf, Zürich, Bern und Basel. Auch Überflüge waren über Stunden nicht möglich. Flugzeuge, die auf dem Weg in die Schweiz waren, mussten infolgedessen auf andere Flughäfen in Mitteleuropa ausweichen. 

Ist ein noch größeres Chaos in der Luftfahrtbranche in der kommenden Hauptreisezeit Sommer angesichts so vieler Probleme überhaupt noch vermeidbar? Laut Ansicht von Luftfahrtexperten: Nein. Vielmehr befürchten sie, dass sich zum Sommerurlaub noch schlimmere Szenarien an unseren Flughäfen abspielen könnten – wenn die großen Ferien beginnen und tausende Eltern mit ihren Kindern in den Urlaub fliegen wollen.

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