International

Russland als Mediator und Gestalter der multipolaren Weltordnung

Die multipolare Weltordnung nimmt Gestalt an. Russland ist einer der wichtigen Akteure, die diesen Wandel nicht nur begleiten, sondern gestalten. Zuletzt wurde auf der Middle-East-Conference des Waldai-Forums die Sehnsucht nach der Ablösung westlicher Hegemonie deutlich.
Russland als Mediator und Gestalter der multipolaren WeltordnungQuelle: www.globallookpress.com © Kremlin Pool

Von Gert Ewen Ungar

Bereits im Februar fand im Rahmen des Waldai-Klubs die Middle-East-Conference statt. Darauf macht der Journalist Pepe Escobar auf The Cradle aufmerksam. Informationen, Materialien und Videomitschnitte finden sich hier. Man sollte in den ein oder anderen Beitrag hineinhören und die Atmosphäre von Aufbruch und Wandel miterleben, die von der Konferenz ausging. 

Für den Juli ist im Rahmen des Russia-Africa Economic Forum eine weitere große internationale Konferenz in Sankt Petersburg geplant. Das Thema dort wird das Zusammenwachsen der Länder Afrikas, Russlands und Chinas sein. Diesen und anderen Initiativen Russlands ist gemeinsam, dass sie dem Aufbau und der Ausgestaltung einer multipolaren Weltordnung dienen. Russland ist einer der wenigen Akteure, die in der Lage sind, Länder mit unterschiedlichen Interessen zusammenzubringen, Überschneidungen in den Interessenlagen herauszuarbeiten und darüber einen gemeinsamen Weg zu eröffnen. 

Die neue Achse Moskau–Teheran verbunden mit dem Einflussverlust des Westens, vor allem der USA im Nahen Osten, hat das Potenzial, die Region endlich zu befrieden. Diplomatische Initiativen in Verbindung mit China bewirken das, wozu westliche Initiativen nie in der Lage waren. Es gibt zwischen den Ländern des Nahen Ostens Annäherung. Selbst Erzfeinde rücken zusammen. Saudi-Arabien hat bilaterale Beziehungen zu Iran aufgenommen. Durch russische Initiative nähern sich Syrien und die Türkei an. Generell scheint sich der Bann gegen Syrien aufzulösen. Selbst eine Wiederaufnahme in die Arabische Liga scheint möglich. 

Die Länder des Nahen Ostens scheinen sich aus der kolonialistischen Umklammerung des Westens zu lösen und auch dessen Strategie vom Teilen und Herrschen zunehmend durch eine vermehrte Zusammenarbeit zu überwinden.

Hinzu kommt der Aufstieg Chinas, das im Gegensatz zur EU ebenso wie Russland Kooperationen ohne Gängelung, dafür aber auf Grundlage klarer, völkerrechtlicher Regeln anbietet. Es geht um Zusammenarbeit und nicht um Vorschreibungen, Weltbilder und Ideologien. 

Das hat sich auch bei der Reise Lawrows durch Afrika gezeigt, der gleichsam einen diplomatischen Kontrapunkt zur Reise von Außenministerin Annalena Baerbock setzte, die in Afrika für feministische Außenpolitik, regelbasierte Ordnung und die Unterstützung der westlichen Sanktionen warb. Sie hat damit alles falsch gemacht, was man aktuell falsch machen kann. Obendrein hat das Auswärtige Amt mit einem rassistischen Tweet versucht, den russischen Außenminister zu verunglimpfen, dabei aber lediglich den im Auswärtigen Amt herrschenden kolonialen Geist zur Schau gestellt. Die Reaktion war entsprechend. 

Man wird es in Deutschland vermutlich nicht glauben, denn die Nachrichten dort vermitteln ein anderes Bild. Aber während der Westen, die EU und Deutschland an Ansehen verlieren, gewinnt Russland an Beliebtheit. Das hat auch mit dem Ukraine-Konflikt zu tun, bei dem der Westen auf Waffenlieferungen, eine militärische Lösung und Eskalation setzt, damit hinter den Gründungsgedanken der UN zurückfällt.

Dieser Grundgedanke beinhaltet, dass immer eine Tür zur Diplomatie offen gehalten wird. Dass gerade Deutschland diesen Grundsatz internationaler Diplomatie nicht achtet, ausgerechnet das Land, dessen zweimaliges Beharren auf ausschließlich militärische Lösungen zu schweren Verheerungen in Europa und der Welt geführt hat, dass genau dieses Land auch dieses Mal wieder nur auf Militär und Waffen setzt, schadet dem deutschen Ansehen im Ausland massiv.  

Das, was all die russischen Initiativen auszeichnet, ist, dass sie dem Völkerrecht wieder zur Geltung verhelfen. Auch diesen Satz wird man in Deutschland nicht verstehen, denn schließlich gilt Russland als das Land, das mit seinem "unprovozierten Überfall auf die Ukraine" Völkerrecht gebrochen hat. Das sieht man in Deutschland und im kollektiven Westen so. Außerhalb davon sieht man eine ganze Kette von Verstößen gegen das Völkerrecht, die vom Westen begangen und dem Einmarsch Russlands vorausgegangen sind. Dieser Wahrheit wird man sich auch in Deutschland eines Tages stellen müssen.  

Genau aus diesem Grund ist die chinesische Initiative so beachtenswert, denn sie fordert keine grundlegende Neuausrichtung von Politik, sondern die Einhaltung der Charta der UN von vor allem den westlichen Ländern. 

Auch auf der Middle-East-Conference weisen die dort vertretenen Ländern darauf hin, dass es vor allem der Westen ist, der das Völkerrecht bricht. Die regelbasierte Ordnung, von der auch die deutsche Außenministerin gern spricht, sei eine Ordnung, die der Westen macht – wobei niemand weiß, wie diese Regeln genau aussehen, meinte Bouthaina Shaaban, Sonderberaterin des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. 

Wer die Ereignisse verfolgt, wer die Konferenzen und Initiativen Russlands zur Kenntnis nimmt, wird nicht umhin kommen zuzugeben, dass es außerhalb des kollektiven Westens eine tiefe Sehnsucht nach dessen Ablösung als Hegemon gibt. Russland ist bereit, an dieser geopolitischen Umwälzung nicht nur mitzuarbeiten, sondern dafür auch Mittel und Werkzeuge zur Verfügung zu stellen. Die Umstellung des Handels auf lokale Währungen und die Ablösung des Dollars als Leitwährung sind dafür nur ein Beispiel. 

Dass die Ablösung des Westens kein Selbstläufer ist, ist den Teilnehmern der Middle-East-Conference klar. Es gibt viele Hürden zu überwinden, viele Fallstricke zu umgehen. Es ist vor allem mit dem Widerstand des Westens zu rechnen und dem Versuch, die Zwietracht der Länder untereinander immer wieder anzufachen. Aber es scheint, dass der Bann westlicher Strategie gebrochen ist. 

Mehr zum Thema – Wirtschaftswissenschaftlerin: Russland und Afrika sollten mehr vom direkten Handel profitieren

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