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Mathias Bröckers über das Ende der US-Vorherrschaft und Merkmale einer neuen multipolaren Welt

Im Interview erklärt der Journalist Mathias Bröckers, wie die USA durch "Überdehnung" ihre eigene Vorherrschaft zu Fall bringen. Noch würde sich der Hegemon gegen seinen Niedergang wehren, aber eine multipolare Welt sei nicht mehr aufzuhalten. Neue Bündnisse und Alternativen zum Petrodollar wurden schon auf den Weg gebracht.
Mathias Bröckers über das Ende der US-Vorherrschaft und Merkmale einer neuen multipolaren Welt© Felicitas Rabe

Von Felicitas Rabe

Der Buchautor und Journalist Mathias Bröckers sprach mit der Autorin über seine Sichtweise auf das Ende der unipolaren Welt. Im Interview auf dem Pax-Terra-Musica-Festival erklärte er am 29. Juli, wie die USA zuletzt immer mehr Macht einbüßten und wie sich politische Einflussnahme aktuell zugunsten neuer Machtzentren verschiebt.

Auf die Frage, was entscheidend zum Machtverlust der USA als quasi einzig verbliebener Weltmacht nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion geführt habe, nannte Bröckers zunächst die Entwicklung Chinas zur stärksten Wirtschaftsmacht auf der Welt. Darüber hinaus würden die USA – wie alle großen Imperien der Geschichte – an ihrer eigenen Überdehnung zugrunde gehen. Beim Verlust der wirtschaftlichen Kontrolle über die Welt spiele vor allem der Verlust der Kontrolle über das Ölgeschäft eine wesentliche Rolle. 

Wodurch die USA ihre weltweite Vormachtstellung verlieren

Noch 2003 und 2011 hätten der ehemalige irakische Präsident Saddam Hussein und der ehemalige libysche Präsident Muammar al-Gaddafi ihre Versuche, das Ölgeschäft vom US-Dollar zu lösen, mit US-Angriffen auf ihre Länder und mit dem eigenen Leben bezahlt. Mittlerweile würden Länder wie zum Beispiel China, Russland oder Indien Ölgeschäfte in ihren Landeswährungen tätigen. Aktuell verliere der sogenannte Petrodollar als alleiniges Zahlungsmittel im Ölhandel seine hegemoniale, dominante Stellung.

Auch der Zusammenschluss der BRICS-Länder gewinne gegenüber den G7-Ländern immer mehr an politischem und wirtschaftlichem Einfluss, zumal immer mehr Länder diesem neuen Bündnis beitreten wollten. Mathias Bröckers sprach hier von BRICS plus 40. Deren wachsende Bedeutung bewertete der Journalist als entscheidend für den Hegemonieverlust der USA:

"Der BRICS-Verbund wird für die globale Dominanz der USA das Aus bedeuten."

Zwar wären die USA mit 800 militärischen Stützpunkten weltweit noch immer die größte Militärmacht und auch wirtschaftlich noch einigermaßen stark. Aber in den USA würde heutzutage kaum noch etwas produziert, erläuterte Bröckers eine der wirtschaftlichen Schwächen beim ehemaligen Hegemon. Die BRICS-Länder würden mittlerweile bereits an einer alternativen globalen Reservewährung zum US-Dollar arbeiten. Damit wäre der US-Dollar als bevorzugte Reservewährung der Welt hinfällig.

Wie die USA versuchten, ihre Niederlage noch zu verhindern

Noch kämpften die USA gegen den Verlust ihrer Vormacht, indem sie zum Beispiel versuchten, die BRICS-Ausweitung zu verhindern. Dabei würden sie einzelne Länder unter Druck setzen, sich nicht der BRICS-Gruppe anzuschließen. Oder sie würden ärmeren Ländern mit dem Entzug von Krediten des IWF und der Weltbank drohen. Auch würden sie sich des Weiteren nicht scheuen, notfalls mit Gewalt und Krieg ihre Interessen vor Ort durchzusetzen. Kurzfristig bestehe für den politischen Analysten nur die Hoffnung auf eine Änderung der US-Politik, etwa wenn Robert Kennedy junior die US-Präsidentenwahl gewinnen würde.

Merkmale einer multipolaren Welt

Wie sähe eine multipolare Welt aus? Zuallererst wäre das eine Welt, in der die USA nicht mehr alle Länder ökonomisch beherrschen könnten. In einer multipolaren Welt ohne US-Vorherrschaft könnten sich die Länder – und insbesondere die ärmeren Länder – ökonomisch weiterentwickeln. Die sogenannte regelbasierte Ordnung des Westens würde es nicht mehr geben, in der die NATO-Länder die "Ordnung" diktieren.

Aktuell könnten viele Länden noch durch den Ukraine-Konflikt eingeschüchtert werden. Ihnen würde vor Augen geführt, was ihnen blüht und was mit ihren nationalen Ressourcen passieren kann, wenn sie sich gegenüber den USA unbotmäßig verhielten. Aber das könne sich in den nächsten Jahren ändern, etwa durch Einführung einer neuen Reservewährung: "In den nächsten 5 bis 10 Jahren wird der US-Dollar als internationale Reservewährung eine Alternative bekommen", lautet die Einschätzung von Bröckers dazu. Infolgedessen würde es für die USA schwierig werden, weiterhin ihre eigene Verschuldung auf Kosten der Währungsreserven anderer Länder zu finanzieren.

Das Wichtigste: Den Krieg in der Ukraine beenden

Aktuell sei es dem Journalisten aber das Wichtigste, dass der sinnlose Krieg in der Ukraine sofort beendet würde und man sofort anfinge zu verhandeln. Bisher habe der Westen nicht nur die Verhandlungen boykottiert, sondern mit seinen Waffenlieferungen den Krieg ganz bewusst in die Länge gezogen. Dazu stellte Bröckers fest: "Solange, wie wir weiter Waffen liefern, solange wird das Schlachten weitergehen."

Dabei könne der Krieg vom Westen gar nicht gewonnen werden, weil Russland dem Westen militärisch überlegen sei. Nach seiner Einschätzung seien die Russen weiterhin verhandlungsbereit, wenn der Westen das nicht boykottieren würde:

"Die Russen wären verhandlungsbereit, wenn ihre Sicherheitsinteressen ernst genommen würden."

Der Publizist und Journalist Mathias Bröckers arbeitete als Wissenschaftsredakteur für die taz, als Kolumnist für Die Zeit und als Wissenschaftsautor im ARD-Hörfunk. Seit 2020 moderiert er gemeinsam mit Robert Fleischer und Dirk Pohlmann die Internetsendung Exomagazin.TV. Im Oktober 2022 erschien sein jüngstes Buch "Vom Ende der unipolaren Welt – warum ich gegen Krieg, aber noch immer 'Putinversteher' bin."

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