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Was Elon Musk nach der Übernahme bei Twitter tun sollte

Elon Musk war erfolgreich mit seinem Versuch, Twitter zu übernehmen. Der reichste Mann der Welt hat mit dem Vorstand des Unternehmens einen Deal abgeschlossen, um die Plattform in ihrer Gesamtheit für stolze 44 Milliarden US-Dollar zu erwerben. Hoffen wir, dass der selbsternannte "Absolutist der Redefreiheit" diesem Titel gerecht wird.
Was Elon Musk nach der Übernahme bei Twitter tun sollteQuelle: www.globallookpress.com © Stanislav Kogiku/Keystone Press Agency

Ein Kommentar von Ian Miles Cheong

Musk äußerte zunächst seine Absicht, Änderungen an der Social-Media-Plattform herbeizuführen, nachdem er seine Anhängerschaft gefragt hatte, was sie von Twitters Haltung zu den Grundsätzen der Redefreiheit halten. Angesichts der andauernden Zensur konservativer Standpunkte und mitten in den Rufen der Biden-Administration nach einem harten Vorgehen gegen die sogenannte "russische Desinformation" war man sich einig, dass sich Twitter von seiner ursprünglichen Mission entfernt hatte.

Twitter, das sich einst als "Flügel der Redefreiheit in der Partei der freien Meinungsäußerung" bezeichnete, war längst nicht besser als Facebook, Youtube, Reddit und jede Menge anderer Plattformen in Bezug auf den Schutz der politischen Meinungsäußerung. Aber Twitter hatte immer noch einen Vorsprung: Journalisten, Politiker und Influencer aller Couleur nutzen die Plattform als primäres Mittel, um ihre Ideen zu verbreiten und Diskussionen über aktuelle Ereignisse zu führen. Als der De-facto-Marktplatz der Meinungen war und ist Twitter der einflussreichste Ort für den politischen Diskurs. Wie bei seinen Visionen von der kommerziellen Raumfahrt, seinen Satelliten für die Verbreitung des Internets und seinen Elektrofahrzeugen betrachtete Musk auch Twitter nicht als das, was es ist – sondern als das, was es sein könnte:

"Meinungsfreiheit ist das Fundament einer funktionierenden Demokratie, und Twitter ist der digitale Marktplatz, auf dem wichtige Themen für die Zukunft der Menschheit debattiert werden", schrieb Musk in einer Erklärung, mit der er seine Übernahme ankündigte.

"Ich möchte Twitter besser denn je machen, indem ich das Produkt mit neuen Funktionen verbessere, die Algorithmen zu Open Source mache, um das Vertrauen zu erhöhen, Spam-Bots besiegen und alle User zu authentifizieren", schrieb er und bezog sich dabei auf einige der Vorschläge, die aus seiner riesigen Fan-Gemeinde von 85 Millionen Followern erhalten hatte.

"Twitter hat ein enormes Potenzial – ich freue mich darauf, mit dem Unternehmen und der Benutzergemeinschaft zusammenzuarbeiten, um dieses Potential zu erschließen", schloss er seine Erklärung.

Der Aufkauf von Twitter durch Elon Musk ist nur das erste Kapitel seiner Bemühungen, die Plattform zu überarbeiten – damit sie seinem Ideal als "digitaler Marktplatz der Meinungen" gerecht wird.

Im Gegensatz zum Gekreische und Toben der illiberalen Kritiker von Musk bedeutet Redefreiheit nicht, die Moderation vollständig aufzuheben und die Plattform in ein anarchisches "Jeder-darf-alles" zu verwandeln. Sondern es bedeutet, dass ein User, der gesperrt wurde, auch wissen wird, warum er gesperrt wurde – und im Idealfall sind die Grundsätze der Moderation künftig nicht ideologisch oder durch persönliche Präferenzen geprägt.

Gewaltandrohungen, Rachepornos, sexuelle Ausbeutung von Kindern, Einschüchterung, Stalking und Terrorismus sind in praktisch allen entwickelten Ländern gesetzlich verboten. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist kein Schutzschild, um dahinter Verbrechen zu begehen. Weder soll noch wird sich unter der Ägide von Musk daran etwas ändern. Musk fasste es so zusammen: "Ich hoffe, dass selbst meine schlimmsten Kritiker auf Twitter bleiben, weil es das ist, was Meinungsfreiheit bedeutet." Ungeachtet der kollektiven Hysterie über diese Entwicklung können sich die Progressiven bei Twitter beruhigt zurücklehnen. Sie werden nicht dafür gesperrt, weil sie den neuen Besitzer von Twitter kritisiert haben.

Was kommt als nächstes?

Zunächst einmal muss Musk die Algorithmen, von denen die Plattform seit Langem heimgesucht wurde, offenlegen – und gegebenenfalls komplett ändern oder entfernen. Wenn Benutzer gesperrt werden, müssen sie wissen, warum sie gesperrt wurden und wie sie gegen eine Regel verstoßen haben. Man betrachte die Inhaltsvorschläge und Inhaltsbeschränkungen als die teuflischen Zwillinge unter den inhaltsgesteuerten Algorithmen  – die das schlagende Herz jeder Social-Media-Plattform sind.

Algorithmen radikalisieren. Die Linken gehen stärker nach links und die Rechten stärker nach rechts, da jede Seite aufgrund von algorithmisch gesteuerten Inhaltsvorschlägen von der Masse isoliert wird. Die Offenlegung der Algorithmen wird zweifellos dazu führen, dass die Benutzer überrascht sind, wie viel Manipulation stattgefunden hat und inwieweit das den gesellschaftspolitischen Diskurs beeinflusst hatte.

Shadow Banning – eine Maßnahme, mit der Inhalte oder Reichweite bestimmter Nutzer ohne deren Wissen blockiert oder einschränkt werden – muss komplett abgeschafft werden. Es besteht ein zu großes Missbrauchsrisiko, wenn eine unsichtbare Hand die Reichweite bestimmter Meinungen künstlich einschränkt und gleichzeitig andere, angeblich "akzeptable" Standpunkte unterstützt. Wie viele konservative Influencer wurden ohne ihr Wissen systematisch zum Schweigen gebracht und der Plattform beraubt? Nur die Zeit und Transparenz werden es zeigen.

Sein nächster Schritt sollte die Wiederherstellung von User-Konten sein, die zuvor wegen "falscher Gedanken" gesperrt wurden – Babylon Bee etwa für ihre Satire über den Transgender-Admiral Rachel Levine; James O’Keefe ebenso für das große Verbrechen verantwortungsvollen Journalismus; Steve Bannon für seine politischen Ansichten und dafür, im Grunde genommen Steve Bannon zu sein; Alex Jones für sein "missbräuchliches Verhalten", als er sich über einen CNN-Mitarbeiter im realen Leben lustig machte; und Meghan Murphy, weil sie die kanadische Trans-Aktivistin und notorische Unruhestifterin Jessica Yaniv "falsch gegendert" hat. Die Liste ist endlos.

Wenn Twitter Dossiers – oder Protokolle – über seine am stärksten problembehafteten, hochkarätigen Benutzer hat, muss Elon Musk sie freigeben. Es würde einen langen Weg zur Heilung und zu mehr Vertrauen erleichtern. Auf dem digitalen Marktplatz sollten sich die Nutzer frei genug fühlen, um Diskussionen über alle Themen zu führen, egal wie heikel sie sind – Transgenderismus, Pandemie, Konflikt in der Ukraine, Klimawandel, Wahlen und so weiter. Möge die Wahrheit über irgendwelche Erzählungen siegen.

Und jeder sollte ohne Angst vor Vergeltung durch das System jeden kritisieren dürfen – nicht nur diejenigen, die auf der Liste des Establishment über vorgeschriebene Ziele stehen. Niemand sollte dafür gesperrt werden, dass er einen Mann einen Mann nennt oder weil er den Begriff "Frau" richtig definiert. Fakten kümmern sich nicht um Gefühle, und Twitter ist nicht zuständig dafür, Meinungen oder Fakten für solche Dinge zu legitimieren.

Als Plattform für freie Meinungsäußerung muss Twitter gegenüber jeder politischen Agenda neutral bleiben. Auch wenn es "richtige" und "falsche" Seiten gibt, müssen die Menschen frei entscheiden können, was sie glauben, was sie unterstützen oder ablehnen wollen, ohne durch versteckte Algorithmen und inhaltliche Moderation mit ideologischem Einschlag zu einer bestimmten Position gedrängt zu werden.

Musk wird bei seinem Vorhaben, diese Algorithmen zu Open Source zu machen und ihr Innenleben jedem neugierigen Auge und Programmierer im Internet zu offenbaren, zweifellos gewissen Herausforderungen innerhalb von Twitter gegenüberstehen. Die Vorstandsmitglieder und Investoren von Twitter werden sein geringstes Problem dabei sein. Das Bodenpersonal – die Inhaltsmoderatoren, Programmierer und die Entscheidungsträger im mittleren Management – waren diejenigen, die diese Algorithmen erstellten und die Verbote erließen. Die interne Kultur des Unternehmens förderte ihr Handeln. Musk muss das ganze Haus putzen.

Zum Glück kann er genau das tun, wenn er die volle Kontrolle über das Unternehmen hat. Elon Musk muss den Sumpf nicht trockenlegen. Er muss nur den Damm brechen und die Ströme frei fließen lassen. Und im Zweifelsfall kann er jeden unseriösen Mitarbeiter feuern, der sich weigert, in diesem neuen Regime mitzumachen.

Übersetzt aus dem Englischen

Ian Miles Cheong ist Politik- und Kulturkommentator. Seine Arbeiten wurden in The Rebel, Penthouse, Human Events und The Post Millennial veröffentlicht. Man kann Ian auf Twitter unter @stillgray und auf Telegram @CultureWarRoom folgen.

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