Meinung

Lauterbachs Erkenntnisblitz für den Herbst: "Vulnerable Gruppen sind erneut vulnerabel"

Für Karl Lauterbach ist die Pandemie noch nicht vorbei. Das Land bewege sich "in einem Dreieck". Ein Sechs-Punkte-Plan sei für den Herbst nötig, das Infektionsschutzgesetz müsse erneuert werden. Die Maßnahmen in Pflegeeinrichtungen hätten für eine "Immunitätslücke" gesorgt.
Lauterbachs Erkenntnisblitz für den Herbst: "Vulnerable Gruppen sind erneut vulnerabel"Quelle: Gettyimages.ru © picture alliance / Kontributor

von Bernhard Loyen

Vergangene Woche tagte der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV). Die Veranstaltung trug den Titel: "Gesundheitspolitik in turbulenten Zeiten – die Herausforderungen dieser Wahlperiode".

Die Zusammenfassung zeigt eine zumindest irritierende Realität bezüglich dem inhaltlichen Niveau aktueller Aussagen eines federführenden Ministers der Bundesregierung. Die Darlegungen der Original-Zitate aus der Rede von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sollen vor Augen führen, dass der Minister mit seinen Wahrnehmungen, Ankündigungen und Plänen für die kommende Herbst und Wintersaison eine weiterhin sehr bedenkliche alleinige Verfügungsmacht über die Menschen in diesem Land innehat, ausgehend von einer kommenden theoretischen politischen Unterstützung durch den Bundestag und dem Bundesrat.

Lauterbach betonte zu Beginn seiner knapp 20-minüten Grußwort-Rede, dass für seine Wahrnehmung "wir immer turbulente Zeiten" gehabt hätten, aber "jetzt sind sie noch etwas turbulenter als sonst". Bei dieser Einschätzung berief er sich auf seine eigene Feststellung, das er "auch schon etwas länger" im Gesundheitsmetier tätig sei.

Lauterbach fasste zusammen, dass der PKV in "der Zeit der Corona-Pandemie" eine "zentrale Rolle" in diesem Land gespielt habe. Diese Arbeit habe sich unter anderem im "Aufbau der Impfzentren" dargestellt, wie auch durch den PKV "Schutzmasken verteilt und beschafft" worden waren. Lauterbach wies auf die für ihn wichtige Rolle des PKV hin, weil "ich weiß, dass man sich auf sie auch in den weiteren Phasen der Pandemie verlassen kann". Der Gesundheitsminister wörtlich:

"Die Pandemie ist noch nicht vorüber, sie ist noch nicht bewältigt. Leider muss man sagen, das wird weitergehen, (...). Aber eines ist sicher: Auf sie (die PKV) werden wir wieder zurückgreifen können, zurückgreifen müssen (...)."

Trotz aller Differenzen hinsichtlich Finanzierungsunterstützungen der Bundesregierung, "den Konzepten, die ich immer vorgetragen habe, die nicht jedem hier gefallen haben", sei die PKV "immer ein Teil in meinem gesundheitspolitischen Herzen" gewesen, so Lauterbach im Versuch einer einschmeichelnden Rhetorik.

Bezugnehmend auf den Status quo in der Corona-Krise behauptete der Gesundheitsminister, "wir" befänden uns momentan in einer "besonders schwierigen Situation. Wir bewegen uns gerade in einem Dreieck", so Lauterbach, um den Anwesenden zu erörtern, dass für einen ersten Teil der Bevölkerung die Stimmung dominiere, "die Pandemie ist vorbei". Lauterbach sagte wörtlich (im Original-Transkript):

"Das ist jetzt ein anderes, also, Zeitalter, das postpandemische Zeit, also wir sind in der Endemie, wir sind also in der Mitigation, das ist so ein Gefühl, dass die Bevölkerung hat, man will das einfach hinter sich lassen."

Als Endemie wird der Zeitpunkt bezeichnet, wenn Fälle einer Krankheit in einer umschriebenen Population oder begrenzten Region fortwährend gehäuft auftreten. Bei einer Mitigation werden "die negativen Auswirkungen von etwas Schlechtem oder Gefährlichem bewusst abgemildert und verringert".

Die zweite Gruppe des angedeuteten Dreiecks seien jene Menschen in Deutschland, die gemäß Lauterbachs Wahrnehmung "unsicher sind und auch die Unsicherheiten in der Wissenschaft mitnehmen". Die "sehen, dass wir nicht genau wissen, welche Varianten werden im Herbst kommen". Lauterbach nannte dann aktuell nachweisbare Varianten aus den USA ("BA.4- oder BA.5-Variante, in New York gibt es eine BA.12.1-Variante") und Portugal ("wo die BA.5-Variante zurückkommt"). Zum Thema erkannter "Unsicherheiten" erklärte Lauterbach wörtlich:

"Wir hören von Impfstoffen, angepassten Impfstoffen, wie stark sind diese Impfstoffe? Werden die also die bestehenden Impfstoffe ersetzen können, ergänzen können? Das ist sozusagen die zweite Gruppe, die sehen, das sind noch Unsicherheiten. Wo geht's eigentlich hin? Haben wir es wirklich schon im Griff?"

"Und dann ist die dritte Gruppe da, die sich Sorgen macht", so der Minister unmittelbar weiter erläuternd:

"Die einfach sagt, da sind nicht nur die Unsicherheiten, sondern es wird wahrscheinlich noch einmal schwerer kommen."

Lauterbach begründete diese Wahrscheinlichkeit mit der erneuten Nennung der US- und portugiesischen Virusvarianten (für Portugal mit dem Hinweis auf eine aktuell "leicht steigende Sterblichkeit") sowie der Ausbreitung einer südafrikanischen BA.45-Variante, die "stärker virulent zu sein" scheint. BA.45 gibt es nicht, also meinte Lauterbach wohl die Varianten BA.4 und BA.5, die erstmalig Anfang Mai in Südafrika gemeldet worden waren.

In New York gebe es "Sorgen" aufgrund einer "zurückgehenden Immunität in der Bevölkerung" sowie einer "Impfmüdigkeit", und "wir haben noch immer eine Impflücke", so der Minister erläuternd zur Gruppe drei seines Gedanken-Dreiecks, "in dem wir uns befinden".

"Wir" könnten uns daher "nicht einen dritten Herbst leisten, in dem wir in die Pandemie hineingehen, als wenn wir nichts gelernt hätten". Daher müssten aus Sicht des Ministers "zumindest sechs Dinge vorbereitet werden", an deren Vorbereitung er "im Hintergrund" schon arbeite. Der Sechs-Punkte-Plan lautet:

  1. "Wir müssen eine ganz klare Impfstrategie haben." Dabei müsse jedoch berücksichtigt werden, dass "wir noch nicht wissen, welche Impfstoffe wirken werden. Das können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht wissen".
  2. Eine "klare und gute" Teststrategie
  3. Eine Behandlungsstrategie (mit erläuterndem Hinweis auf das Medikament Paxlovid)
  4. Besserer Schutz der "vulnerablen Gruppen". "Dort (in Pflegeeinrichtungen) nimmt der Impfschutz schon wieder etwas ab, weil die Immunität zurückgeht." (80,1 Prozent der über 70-Jährigen Deutschen sind dreifach geimpft, 18,3 Prozent vierfach geimpft.) "Die Immunität hält nicht so lange, und je älter man ist, desto kürzer hält die Immunität."
  5. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) "erneuern"
  6. Verbesserung der "Datengrundlage"

Zu Punkt 4 folgt zuerst das mehr als irritierende und entlarvende Original-Zitat, das erschreckend das "Nicht-Niveau" aktueller Lauterbach-Darlegungen widerspiegelt und als Zeitdokument verstanden werden sollte:

"Dann sind die vulnerablen Gruppen erneut vulnerabel. Wir werden diesmal (Herbst/Winter 2022) eine besondere Situation haben, wir rechnen auch mit einer starken Grippewelle, und wir rechnen mit vielen RSV-Infektionen (Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege).

Das hat damit etwas zu tun, dass die Immunität in den letzten Jahren zurückgegangen ist, weil die Schutzmaßnahmen auch dort geschützt haben, sodass sich dort eine Immunitätslücke aufbauen konnte und diese Immunitätslücke ist jetzt sehr bedeutsam für die Welle, auf die wir kommen ...

RSV betrifft ja in erster Linie die Kinder, na ja, wenn sie diese lange Lücke gehabt haben, dann ist RSV auch gefährlich für ältere Menschen, auch damit müssen wir zurechtkommen ..."

Zu Punkt 1, der Unwissenheit zum Thema benötigter Impfstoffe, existiere die kommende "Konsequenz, dass wir nachher Impfstoff auch vernichten werden", denn "niemand wird bereit sein, den Impfstoff zu nehmen, der nicht ganz so gut wirkt, berechtigterweise".

Zu Punkt 3, dem Hinweis auf "sehr gute Wirkstoffe", "beschafft in sehr großen Stil", am Beispiel des Mediakments Paxlovid und Lauterbachs Hinweis auf "sehr gute Verläufe", durch die Senkung "der schweren Verläufe" um "bis zu 70 Prozent im Routinebetrieb", titelte die Tagesschau am 27. Mai: "COVID-Medikament Paxlovid – Corona-Pille in Deutschland Ladenhüter". In einem aktuellen Artikel der Pharmazeutischen Zeitung vom 3. Juni heißt es in der Überschrift:

"Nach Paxlovid-Therapie – Mögliche Gründe für COVID-19-Rückfälle".

Im Dezember 2021 wusste der Spiegel zu berichten:

"Deutschland hat eine Million Packungen Paxlovid bestellt. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hält das Medikament der US-Firma Pfizer für 'extrem vielversprechend'."

Lauterbach wortwörtlich (sic!) zu den "sehr guten Verläufen" am Beispiel Paxlovid:

"Die ursprüngliche Studie hatte ja eine 91-prozentige Effektivität gezeigt, jetzt sehen wir im Routinebetrieb eine Effektivität von 70 Prozent, andere Wirkstoffe erreichen 50 Prozent. Das sind sehr nennenswerte, sehr starke Effektivitäten. Diese Wirkstoffe werden aber viel zu selten eingesetzt."

Zu Punkt 5, der vermeintlichen Notwendigkeit, das IfSG nach den 23. September zu "erneuern", stellt sich Lauterbach vor, dass "alle diese Dinge möglich" gemacht werden, die "mit Masken zu tun haben", "Zugangskonzepte" sowie "Mengenbegrenzungen bei Großveranstaltungen" ermöglicht werden. Diese Neuerungen dienten nur einer "Möglichkeit" der Umsetzung bei entsprechender "Benötigung".

Bei den Darlegungen zu Punkt 6 ging es dem Gesundheitsminister skandalöserweise nicht um die so wichtigen Evaluierungsdaten zu den Auswirkungen der zurückliegenden Corona-Maßnahmen. Es gehe ihm um die zügige Erfassung von "Intensivbetten-Belegungen" sowie den Zahlen zu Personalbesetzungen in medizinischen Einrichtungen. Kein einziges Wort zu der Arbeit des Corona-Sachverständigenrats.

Bei der Vorstellung des Sechs-Punkte-Plans wurde nicht geklatscht, reagiert oder interveniert. Ob es an der Sprach- bzw. Fassungslosigkeit der Anwesenden lag, ist nicht bekannt. Als Lauterbach abschließend erwähnte, er habe von seinem Vorgänger im Amt Jens Spahn (CDU) ein Defizit "von 17 Milliarden Euro geerbt", ging ein vernehmbares eindeutiges Raunen durch den Saal. Dieses Defizit müsse er nun "bewältigen, dafür werde ich bezahlt", so Lauterbach.

Bezahlt wird dieser ganze Irrsinn, diese seit zwei Jahren vorherrschende politisch motivierte Belastung für unsere Gesellschaft, von den Menschen in diesem Land, den Bürgern, den Steuerzahlern. Die Steuerzahler finanzieren auch die völlig irrsinnigen Impfstoff-Massen, die dann eben in "Konsequenz" mal eben gegebenenfalls vernichtet werden könnten, bestellt von einem Gesundheitsminister Lauterbach.

Dieser fand kein einziges Wort zu den steigenden realen Zahlen von Menschen mit Impfnebenwirkungen in diesem Land.

Die Steuerzahler finanzieren daher zum Beispiel den dringend benötigten Bedarf an unterschiedlichsten Therapieplätzen, ausgehend von den fatalen negativen Auswirkungen auf unterschiedlichste Gesellschaftsebenen in diesem Land. Leidtragende dabei sind zu einem erschreckenden Prozentsatz die Jüngsten, Kinder und Jugendlichen. Unbezahlbar und nicht aufzurechnen ist dagegen das einsame Leiden der Senioren und Seniorinnen in den Pflegeeinrichtungen in den zurückliegenden zwei Jahren.

"Turbulenten Zeiten – Herausforderungen dieser Wahlperiode" müssen aktuell die Menschen in diesem Land ertragen. Es gilt daher dringend, nicht nur aufzuarbeiten, wie ein ansatzweise vollkommen überforderter Machtpolitiker wie Lauterbach in diese wichtige Position reinrutschte, sondern warum anscheinend keine einzige Instanz in diesem Land die Notwendigkeit erkennt, Lauterbach aus diesem Amt schnellmöglich wieder zu entlassen – zum Wohle der Gesellschaft und vor allem zum Schutze der Menschen, die sich auf solche wirren Aussagen verlassen und notgedrungen sich mehrheitlich kritiklos fügen.

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