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Anschlag auf Rushdie: Letztes Kapitel beim Abschluss der Atomvereinbarung zwischen Iran und USA?

Der mit dem Roman "Die satanischen Verse" weltbekannt gewordene Autor Salman Rushdie wurde in New York auf einer Bühne mit einem Messer angegriffen. Iran hat jegliche Verstrickungen zur Tat zurückgewiesen. Der Fall sorgt für reichlich Stoff für Iranphobie, um den Verlauf der Atomgespräche nach der Anfertigung eines endgültigen Textes durch die EU zur Wiederbelebung des Atomdeals zu beeinflussen.
Anschlag auf Rushdie: Letztes Kapitel beim Abschluss der Atomvereinbarung zwischen Iran und USA?Quelle: AFP © Joel Saget

von Seyed Alireza Mousavi

Die Atomgespräche zwischen dem Westen und Iran wurden kürzlich beendet, wobei nun ein endgültiger Text für eine Vereinbarung zur Rückkehr zum Atomabkommen von 2015 durch die Vermittlung der Europäischen Union vorliegt. Der Entwurf der EU zur Wiederbelebung des Atomdeals zwischen Teheran und den Weltmächten soll die US-Sanktionen gegen die Iranischen Revolutionsgarde aufweichen. Das belegen Auszüge eines Textentwurfs, der Politico vorliegt. 

Der europäische Entwurf, den der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in enger Abstimmung mit US-Vertretern ausgearbeitet hat, würde die Sanktionen gegen die Iranische Revolutionsgarde zwar nicht per se aufheben, aber ihre Effektivität stark lockern. Ein Diplomat sagte gegenüber Politico, der EU-Entwurf würde es den Revolutionsgarden ermöglichen, die Sanktionen durch Stellvertreter und "Strohfirmen" zu umgehen.

Der Westen erhöht zugleich durch eine groß angelegte Medienkampagne Druck auf Iran. Die USA überhäuften die iranische Regierung in den vergangenen Tagen mit zahlreichen Vorwürfen, nachdem die Gespräche zur Wiederherstellung des Atomabkommens vonseiten der EU als beendet erklärt worden waren. Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt haben Kartell-Medien berichtet, Iran soll als Rache für die Ermordung des iranischen Top-Generals Soleimani ein Attentat auf John Bolton, den ehemaligen Sicherheitsberater der US-Regierung, sowie Mike Pompeo, den Außenminister in der Trump-Regierung, geplant haben. Iran dementierte.

Der mit dem Roman "Die satanischen Verse" weltbekannt gewordene Autor Salman Rushdie wurde am Freitag im US-Bundesstaat New York auf einer Bühne durch einen 24-Jährigen niedergestochen. Der Fall bietet reichlich Stoff für Iranphobie. Zu dem Tatmotiv gab es bislang keine offiziellen Angaben. Zugleich berichteten westliche Medien, dass der Täter in den sozialen Medien "Sympathien für die Iranische Revolutionsgarde" ausgedrückt haben soll. Offiziell wurde dies nicht bestätigt. Die Behauptung erfolgt zu einem Zeitpunkt, wo in Washington darüber debattiert wird, ob die Iranische Revolutionsgarde weiterhin auf der schwarzen Liste der US-Regierung inmitten der Atomverhandlungen bleiben. 

Ob die Attacke im Zusammenhang mit einer jahrzehntealten iranischen Fatwa gegen Rushdie steht, blieb zunächst offen. Der iranische Revolutionsführer Ajatollah Chomeini hatte seinerzeit Rushdie nach der Veröffentlichung von dessen Werk "Die satanischen Verse" in den 1980er-Jahren Blasphemie vorgeworfen. Die Lage entspannte sich erst in den späten 1990er-Jahren, als die iranische Regierung offiziell erklärte, eine Ermordung Rushdies nicht zu unterstützen.

Während der Westen hoffte, dass Iran den Anschlag auf Rushdie bejubelt, um damit eine neue Kampagne gegen Iran zu rechtfertigen, haben sich die Iranische Revolutionsgarde bislang nicht zu dem Fall geäußert. Der iranische Außenministeriumssprecher Nasser Kanaani sagte am Montag, trotz des früheren Mordaufrufs sehe Teheran keine Verbindung Irans zu dem Angreifer.

Der Anschlag auf Rushdie wirft immer mehr Fragen auf. Ein Augenzeuge soll dem Fernsehsender CNN gesagt haben, dass die Sicherheitsvorkehrungen bei der Veranstaltung mangelhaft gewesen seien. So habe es keine Taschenkontrollen oder Metalldetektoren gegeben, wie das bei vielen Veranstaltungen üblich ist. Der New York Times sagte ein anderer Zeuge: "Es gab ein großes Sicherheitsversagen. Das jemand so nah kommen konnte, ohne dass jemand eingriff, ist beängstigend."

Europa, das Iran als attraktiven Markt und Energielieferanten betrachtet, verfolgt einen versöhnlichen Kurs bei der Wiederbelebung des Atomdeals – vor allem wegen der drastischen Reduzierung der Gaslieferungen aus Russland im Zuge des Ukraine-Krieges. Zugleich sehen die israelische Regierung und einige US-Lobbyisten ihre eigenen Interessen bei der Wiederherstellung des Atomdeals in Gefahr. Es bleibt abzuwarten, ob der Anschlag auf Rushdie das letzte Kapitel bei der Beeinflussung des Verlaufs der Atomverhandlungen sein könnte. Zugleich kommentiert Reuters, dass Teheran und Washington derzeit vom Status quo bei den Atomgespräche profitieren. Unabhängig davon, ob Teheran und Washington ein "endgültiges" Angebot der EU zur Wiederbelebung des iranischen Atomabkommens von 2015 annehmen oder nicht, wird keiner von beiden den Pakt für tot erklären, da es den Interessen beider Seiten diene.

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