Meinung

Pressefreiheit in der EU? RT DE Productions muss nach Sanktionspaketen Arbeit einstellen

Die RT DE Produktionsgesellschaft muss aufgrund immer massiverer politischer Schikanen ihre Arbeit in Deutschland einstellen. Das ist ein Angriff auf die Pressefreiheit – und ein klassisches Vorgehen einer Kriegspartei mit rassistischer Komponente.
Pressefreiheit in der EU? RT DE Productions muss nach Sanktionspaketen Arbeit einstellenQuelle: Sputnik © Wladimir Astapkowitsch / RIA Nowosti

Von Susan Bonath

Die Verpackung ist alles, heißt es, und jeder weiß: Es nicht immer drin, was draufsteht. "Demokratie" ist die schillerndste Verpackung der Europäischen Union (EU). Doch zusehends verkommt der Begriff zur inhaltsleeren Marketing-Phrase. Die politischen und medialen Chefstrategen des westlichen Imperialismus verkehren seine Bedeutung, nämlich Herrschaft des Volkes, gar ins Gegenteil. Wer nicht ihrer Linie folgt, ist Antidemokrat. Angesagt ist der Kriegskurs der NATO gegen Russland. Widerspruch wird zensiert, Kritikern der Saft abgedreht. Pressefreiheit gilt nur für NATO-Propagandisten, nicht für russische Medien.

Massiver Angriff auf die Pressefreiheit 

Die Sanktionspakete der EU gegen Russland, an denen sich die Bundesregierung eifrig beteiligt, treiben nicht nur Millionen Bürger in die Armut, sie sind auch ein beispielloser Angriff auf die Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit in der Nachkriegsära der angeblichen "Musterdemokratien" des Westens. Sie sind ein Verrat an Grund- und Menschenrechten, ein Markenzeichen von Diktaturen. Wo die Bürger nur noch eine Ansicht, nämlich die ihrer eigenen Unterdrücker, erfahren sollen, ist mehr als nur etwas faul.

Gegen RT DE fahren die Meinungswächter im Kampf um die Deutungshoheit seit Jahren zunehmend schwerere Geschütze auf. Das neunte Sanktionspaket vom Dezember setzte dem noch eins obendrauf, es macht journalistische Arbeit vor Ort unmöglich und zwingt die Firma RT DE Productions zur Aufgabe.

Dabei schlösse eine ernst gemeinte Demokratie die Meinungs- und Pressefreiheit zwingend ein. Das steht so auch im deutschen Grundgesetz. In Anlehnung daran heißt es im Berliner Pressegesetz: "Sondermaßnahmen, die die Pressefreiheit beeinträchtigen, sind verboten." Und dies aus gutem Grund: Autoritäre Regime und faschistische Diktaturen schränkten stets zuerst die Pressefreiheit ein und ließen Kritiker verfolgen, denn sie benötigen vor allem eines: gehorsame Untertanen.

Schikanen und Rassismus seit 2014 

Von den eigentlich verbotenen "Sondermaßnahmen, die die Pressefreiheit beeinträchtigen", können Journalisten russischer Medien in der westlichen "Demokratie" allerdings nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine ein Lied singen, denn schon im Jahr 2021 verbot die deutsche Medienaufsicht RT DE das Senden von Programminhalten.

Aus heiterem Himmel kam auch das nicht: Bereits beim Start des Online-Angebots 2014 schossen viele Leitmedien scharf gegen die russische Konkurrenz. Ohne einen konkreten Beleg zu liefern, unterstellte etwa Zeit Online dem Mitbewerber RT DE, stets zu "lügen" und "Propaganda" zu verbreiten. "Desinformation" lautet ein beliebter Totschlag-Kampfbegriff gegen russische Medien. Normalerweise sollten Journalisten derlei Vorwürfe mit konkreten Fakten untermauern, doch das blieb regelmäßig aus. Statt Belegen gab es nicht selten echte Verschwörungstheorien. Man könnte meinen, dass so mancher stramm von sich auf andere projizierte.

Die Russen als Feinde, ihre Medien als Feindsender, die stets lögen. Mit Russen spricht man nicht – auch das galt schon im Jahr 2014. Das sind Rassismus und Kriegsrhetorik, wie sie im Bilderbuch stehen. Kommt noch einmal der Tag zurück, an dem im Gefängnis landet, wer heimlich Feindsender hört? Sollten wir RT DE-Redakteure und Autoren besser schon mal Deutschland verlassen, um rechtzeitig staatlicher Verfolgung zu entgehen?

Leitmediale Verschwörungstheorien

Ich selbst habe als RT DE-Autorin in den vergangenen acht Jahren meiner Arbeit schon die unglaublichsten Dinge erlebt. Es kam zum Beispiel gar nicht selten vor, dass staatliche Behörden mir einfach mal die Auskunft verweigerten, mit der Begründung, dass man nicht mit Vertretern russischer Medien rede. Dass ich im Besitz eines deutschen Presseausweises bin und Behörden verpflichtet sind, Journalisten Auskunft zu erteilen – egal!

Auch hatten Vertreter von Vereinen und Verbänden Angst, mit mir zu reden, weil sie um ihre Reputation fürchteten. Professoren, Ärzte, Pflegekräfte und viele andere Menschen lehnten Gespräche mit mir ab, weil sie ihren Job nicht verlieren wollten. Ich bekam scheinheilige Anfragen von Vertretern öffentlich-rechtlicher Medien, die nur darauf abzielten, meine Aussagen für ihre Propaganda à la "Russenmedien lügen immer" und ihre Journalisten seien "von Putin instruiert" mundgerecht zusammenzuschneiden.

Ich weiß nicht mehr, wie oft mir oder Kollegen schon unterstellt wurde, direkt Anweisungen aus dem Kreml zu empfangen. Das sind wirklich lächerliche Verschwörungstheorien. Ich mache einfach Journalismus, wie vorher auch. Mir hat bei RT DE noch keiner vorgeschrieben, was ich zu schreiben habe. Ich schreibe nicht mal über Russland, schon, weil mein Russisch viel zu schlecht ist und ich viel mehr Ahnung von deutscher Politik habe. Ja, auch dieser Beitrag ist auf meinem eigenen Mist gewachsen.

Wer betreibt hier Propaganda?

Um es zu betonen: In einigen deutschen Medien sind mir entsprechende Vorschriften durchaus begegnet, bei RT DE war das bisher nicht der Fall. Dass ein russischer Sender auch Reden des russischen Präsidenten Wladimir Putin überträgt, Einschätzungen russischer Minister zitiert oder Stimmungsbilder im seit 2014 von der ukrainischen Regierung bombardierten Donbass auffängt, ist nichts anderes, als das, was die Deutsche Welle im Ausland tut: Die deutsche Sichtweise auf das Weltgeschehen zu übermitteln.

Mit Lügen hat das erst mal wenig zu tun. Welche Medien tatsächlich wie, wann, wo und welche "Desinformationen" streuen und verbreiten, wäre erst noch zu beweisen. Dass die deutsche Leitpresse es mit der Geschichte des Konflikts in der Ukraine nicht so sehr genau nimmt, sie gerne mal verdreht, etwas vergisst oder verschweigt, ist leicht belegbar. Dass die Bundesregierung soziale Plattformen instruiert hat, unliebsame Meinungen massenhaft im Internet zu zensieren, ist inzwischen auch bewiesen. Genau das bezeichnet man als Propaganda.

Nur Kriegsparteien verbieten "Feindsender"

Wer mündige Bürger mit Verboten, Sanktionen und Schikanen daran hindert, sich aus unterschiedlichen Sichtweisen eine eigene Meinung zu bilden, der will keine Demokratie, sondern Deutungshoheit. Der macht keinen Journalismus, sondern betreibt Propaganda für politische Akteure mit ganz bestimmten Absichten.

Wo Kriegspropaganda in Dauerschleife läuft und jeder mediale Widerspruch dagegen ausgehebelt wird, wo Medien aus dem falschen Land zu "Feindsendern" erklärt werden, ist es vorbei mit jeder Neutralität. Das ist ein klassisches Vorgehen von politischen Akteuren im Krieg, von Kriegsparteien. Genau daran sollten sich zumindest Journalisten niemals beteiligen. Tun sie aber – mitten in Deutschland.

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