Meinung

Die Ukraine ist bald menschenleer

Allen Anzeichen nach hat sich die Bevölkerung der Ukraine in den Jahren der Unabhängigkeit mindestens halbiert. Für einen wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Krieg fehlen schlicht die Arbeitskräfte, und die Jungen, die derzeit im Ausland sind, werden wahrscheinlich auch nicht mehr zurückkommen.
Die Ukraine ist bald menschenleerQuelle: Gettyimages.ru © Abdulhamid Hosbas/Anadolu Agency

Von Tatjana Montjan

Im Mai 2023 hielten sich acht Millionen ukrainische Staatsbürger als Flüchtlinge in Europa und weitere 600.000 in den USA und Kanada auf. Über drei Millionen Ukrainer sind inzwischen nach Russland ausgewandert, obwohl die amtliche ukrainische Statistik ukrainische Staatsbürger, die in diese Richtung ausgewandert sind, lieber nicht erfasst. Die Zahl der Bürger, die die Ukraine verlassen haben, beläuft sich also nicht auf 8,6 Millionen (diese Angaben macht das analytische Zentrum "Ukrainisches Institut der Zukunft"), sondern auf fast zwölf Millionen, was auch einige westliche Quellen bestätigen.

Dies ist eine unglaubliche Zahl, wenn man bedenkt, dass es im Jahr 2020 laut einer elektronischer Volkszählung (vor der Durchführung einer echten Volkszählung schreckt die ukrainische Regierung seit 1999 zurück) knapp 38 Millionen Menschen in der Ukraine gegeben haben soll, was auch eher zweifelhaft ist und überhöht klingt. Nach Abzug der mindestens zwölf Millionen, die seitdem das Land verlassen haben, hat die Ukraine aktuell nur noch höchstens 26 Millionen Einwohner, wobei ein Teil zudem auf dem Territorium lebt, das inzwischen Russland beigetreten ist.

Insgesamt hat sich die Bevölkerung der Ukraine in den Jahren der Unabhängigkeit damit halbiert, denn 1992 hatte die Bevölkerung der Ukraine noch 52 Millionen Menschen betragen. Es ist paradox, aber unter dem "totalitären Sowjetregime" hatten die Ukrainer so sehr zu leiden gehabt, dass ihre Zahl stetig zugenommen hatte – und als die Unabhängigkeit kam, begann sie rapide zu sinken und fiel in 30 Jahren wieder auf das Niveau vom Anfang des letzten Jahrhunderts.

Von den etwa 26 Millionen Menschen sind nach verschiedenen Quellen (ukrainischen, westlichen und russischen) 10,7 Millionen Rentner, etwa drei Millionen Kinder (ohne denjenigen, die mit ihren Eltern ausgereist sind), fast fünf Millionen Staatsbedienstete, und bis zu 1,3 Millionen sind bei den Streitkräften beschäftigt. Das bedeutet, dass etwa 20 Millionen von 26 Millionen Einwohnern der Ukraine vom Staatshaushalt zehren. Dies verdeutlicht auch, wie abhängig die Ukraine von ausländischen Geldern ist. Man könnte die Frage stellen: Warum brauchen wir bei sechs Millionen Erwerbstätigen bis zu fünf Millionen verschiedene Staatsbedienstete? Die Bevölkerung der Ukraine schrumpft, die Zahl der Staatsbediensteten wächst.

Selenskij und seine Gefolgsleute erzählen gerne, dass ihr Speckreich (so nennt Montjan die Ukraine unter dem aktuellen Maidan-Regime – Anm. d. Red.) nach dem Sieg mit einem rasanten Aufschwung in ungeahnte wirtschaftliche Höhen starten wird. Die Realität ist jedoch, dass sechs Millionen Erwerbstätige nicht einmal ausreichen werden, um die freien Stellen in den schon bestehenden Sektoren der Wirtschaft der alten Ukraine zu besetzen, geschweige denn für einen Aufschwung, Wachstum und Entwicklung sorgen können. 

Aber vielleicht wollen die zwölf Millionen, die das Land verlassen haben, zurückkehren, wenn die Feindseligkeiten vorbei sind und die heutige Ukraine erhalten bleibt? Die EU-Kommissarin für Inneres Ilva Johansson gab die Antwort auf diese Frage in einem Interview mit dem ukrainischen Rundfunk:

"Fast alle Flüchtlinge werden, wenn man sie fragt, sagen, dass sie zurückkehren wollen. Soweit ich weiß, ist dies für alle Flüchtlinge charakteristisch – sie wollen alle so schnell wie möglich nach Hause zurückkehren. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die meisten von ihnen (im Aufnahmestaat) bleiben."

Zurzeit kümmert sich Johanssons Büro um die Integration von 450.000 schulpflichtigen Kindern aus der Ukraine. Es gibt immer noch eine ganze Reihe von Schülern, die online in ukrainischen Schulen lernen, aber Johansson ist sehr daran interessiert, dass alle Kinder in europäischen Schulen landen. Das wird ihnen helfen, sich zu integrieren und an das Leben in europäischen Ländern anzupassen. Die EU-Kommissarin erklärt ausdrücklich, dass die EU alle Ukrainer, die bleiben wollen, auch nach dem Ende der Feindseligkeiten unterstützen wird.

Die EU-Beamten machen nicht einmal mehr einen Hehl daraus, dass sie gerne die demografische Situation in ihren Ländern mit einer weißen Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter verbessern würden. Es ist zu bezweifeln, dass Mütter, die mehrere Jahre in der EU gelebt haben, in ein halbverfallenes Land mit grassierender Korruption und Amtsmissbrauch auf allen Ebenen zurückkehren wollen. Es ist viel wahrscheinlicher, dass bei der geringsten Lockerung des Grenzregimes auch die Männer im wehrfähigen Alter, die derzeit im Speckreich festsitzen, in die EU auswandern werden. 

Als Selenskij noch ein guter Komiker war, gab es in seiner Fernsehserie "Diener des Volkes" eine Szene, in der er auf den Maidan in Kiew ging und keine Menschenseele zu sehen war: Alle waren weg. Wer hätte gedacht, dass das keine Komödie, sondern ein prophetischer Dokumentarfilm war?

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