Meinung

"Ein Neonazismus unserer Kerle": Europa singt Oden für Bandera und "Asow"

Während in Europa selbst eigentlich jeder Nazismus – und sogar jeglicher Nationalismus wie etwa der korsische oder der baskische – verpönt sind, applaudiert man dort plötzlich dem ethnischen Hass von Ukrainern gegen Russen und sogar deren systematischer Ermordung. Wie sonst ist diese Doppelzüngigkeit zu erklären, wenn nicht mit dem Wunsch, Russen und ganz Russland vernichten und ausrauben zu wollen?
"Ein Neonazismus unserer Kerle": Europa singt Oden für Bandera und "Asow"Quelle: AFP © Evgeniya MAKSYMOVA / AFP

Von Jelena Karajewa, RIA Nowosti

In der täglichen Auflistung aller Informationen, die weder verschleiert noch gefälscht werden kann, wurden zwei Ereignisse miteinander vermengt.

Das erste war ein tragisches, herzzerreißendes Ereignis, als nämlich erstmals vor neun Jahren vier Kinder im Donbass durch den Beschuss der Stadt Gorlowka getötet wurden. Das jüngste von ihnen, ein Mädchen namens Kira, war erst zehn Monate alt. Christina, Kiras Mutter, versuchte noch, das Baby mit ihrem Körper abzuschirmen, doch ukrainische Granatsplitter durchbohrten sie dann alle beide. Die Fotos der "Donbass-Madonna" schafften es nicht auf die Titelseiten der europäischen Zeitungen: In der EU bedeutet Ende Juli für die Bewohner immer Urlaub und Unterhaltung. Was kümmerten sie damals dann – braungebrannt, modisch, in Seide und Leinen gekleidet – ein paar ermordete russische Kinder? Eine Lappalie, nicht der Aufmerksamkeit wert.

Ja, als der Donbass aber begann, sich gegen die Aggression Kiews zu wehren, wurde in der westlichen Presse dieser Beschuss friedlicher Städte nicht näher erläuterten "bewaffneten Formationen" zugeordnet – wenn er denn überhaupt erwähnt wurde. Es war nicht üblich einzugestehen, wie sie entstanden und zusammengesetzt waren, wer sie mit Waffen versorgte, wer sie befehligte und wer sie anwies, auf Zivilisten zu schießen. Die Waffen feuerten einfach von allein, und es starben völlig abstrakt Menschen, an unbekannten, nicht genannten Ursachen. Vielleicht hat irgendwer auf sie geschossen, vielleicht haben sie ja selbst auf sich selbst geschossen.

Neun Jahre später veröffentlichte die einflussreiche Zeitung Le Figaro, die das konservative Spektrum der französischen Politik repräsentiert, einen gigantischen Briefwechsel, viele tausend Zeichen umfassend, der sich genau mit diesen bewaffneten Formationen gegen den Donbass und der Geschichte der damaligen Sturmtrupps und ihrer heutigen Tätigkeit befasst.

Für jeden Leser, der sich der noch gar nicht so lange zurückliegenden europäischen Geschichte bewusst ist, erweist sich die Lektüre dieses Materials als extrem unheilvoll und erschreckend. Denn der Artikel soll schwarz auf weiß erklären, warum der ukrainische Nationalismus heute gut und nützlich ist und warum diejenigen, die im "Asow"-Regiment dienten, die den "Rechten Sektor" organisierten und ihm beitraten, eigentlich gute (sogar sehr gute) Menschen seien.

Es wird herausgestellt, dass jeder Hass auf Russland ein äußerst nützlicher Faktor sei, weil er dazu beiträgt, eine Nation zu formen. Und es stellt sich heraus, dass dieser Hass sogar über viele Jahrzehnte hinweg sorgfältig kultiviert wurde, indem etwa die Aktivitäten der OUN-UPA (Ukrainische Aufständische Armee der Organisation Ukrainischer Nationalisten während der Nazi-Herrschaft) verherrlicht wurden. Die Schlussfolgerungen lauten, dass im Allgemeinen die OUN-UPA-Kämpfer keine Banditen und Mörder waren, die ganze Dörfer von denen abschlachteten, weil dort "das falsche Blut mit den falschen roten Blutkörperchen" lebte, kein Vernichtungskommando, denen die Nazis die dreckigsten Aufgaben zuwiesen, sondern lediglich Kerle, die gegen "die grausame Sowjetmacht, Gulag, NKWD und KGB" kämpften.

Und selbst Bandera war, wie es heißt, eigentlich "eine komplexe historische Figur, der es gelang, das Wesen und die Prinzipien der ukrainischen nationalen Identität zu formen und zu formulieren". Die Prinzipien waren und sind also – wenn man sich an das Paradigma der europäischen Medien hält – einfach so viele Polen, Russen und Juden wie möglich zu töten. Der Hass, der so lange und hartnäckig geschürt wurde (nicht erst in den letzten neun Jahren), konnte also zu nichts anderem als zum Tod von Kindern im Donbass führen. Einer derjenigen, deren Worte in dem Material zitiert werden, sagt ganz offen, dass er sich bereits seit 1991 auf einen Krieg mit Russland (also auf das Töten von Russen) vorbereitet.

Ja, und es gab bewaffnete Sturmtrupps auf dem Maidan (die natürlich auch schussbereit mit ihren Waffen waren und auf diejenigen schossen, die sich ihnen widersetzten). Und dieser Satz steht sinngemäß in dem Artikel nicht etwa in Anführungszeichen, so dass wir davon ausgehen, dass damit der erste Nagel in den Sarg vom Mythos "unbewaffneter Jugendlicher und friedlicher Protestierer" geschlagen wurde. Heutzutage sind die europäischen Medien nicht schüchtern, wenn es um solche Details geht. Als Russland vor neun Jahren genau das Gleiche erzählte, wurde es als "Kreml-Propaganda" bezeichnet.

Heute weigern sich viele Europäer, in den Tätowierungen des "Rechten Sektors" und des "Asow"-Regiments Hakenkreuze, Embleme von Nazi-Runen sowie die Standarten von Hitlers Divisionen erkennen zu wollen. Heute propagieren die europäischen Medien sogar aktiv die Behauptung, dass der ukrainische "Nationalismus" gar nichts mit Nazismus zu tun hat. In dem Land, in dem Le Figaro erscheint, wird ebenso wie in der gesamten EU jeglicher Nationalismus jedoch an allen Ecken und Enden stigmatisiert. Und wer es dennoch wagt, sich öffentlich über den Vorrang der nationalen Idee im eigenen Land zu äußern, kann vor Gericht gestellt werden – wegen Anstiftung zur Zwietracht, wegen Aufwiegelung "zur Rückkehr der dunklen Seiten der Geschichte des Kontinents".

Das heißt letztlich, Nationalismus in der EU – ob in Frankreich, Spanien, Italien, den Niederlanden oder sonst wo –, ist ungeheuerlich, ist reaktionär und könnte zu Bürgerkriegen führen, während jedoch der ukrainische Nationalismus gut und richtig ist. Während die korsischen und baskischen Nationalisten zu Gefängnisstrafen verurteilt werden, singen dieselben Medien, die jene brandmarken, zugleich Heldenoden auf die ukrainischen Nationalisten.

Die Europäer sind keine Idioten und verstehen, wohin Legenden über "reines Blut" und das Zählen der roten Blutkörperchen führen können. Aber in einem Krieg gegen Russland, in dem die Ukraine als Rammbock fungiert, um einerseits Russland zu vernichten und andererseits den Wohlstand der "goldenen halben Milliarde" weiterhin zu sichern, sind alle Mittel recht.

Und so wird der Nazismus zum gewöhnlichen Nationalismus und in der nächsten Iteration zum Patriotismus. Europa verschließt die Augen vor der Tatsache, dass all das mit wildem Hass auf uns vermengt ist.

Es ist klar, warum es immer mehr Veröffentlichungen dieser Art geben wird: Es ist notwendig, die Ausgaben für den militärisch-industriellen Komplex zu rechtfertigen und den Europäern beizubringen, dass Waffen für Kiew wichtiger sind als Lebensmittel in ihrem Kühlschrank.

Es ist auch klar, dass zehn Jahre vergehen werden und die Europäer dann erkennen müssen, dass sie unter anderem dazu beigetragen haben, den Hass auf die Russen zu kultivieren.

Eines bleibt unklar: warum die Europäer die schreckliche und blutige Lektion des Nazismus nicht bis zum Ende gelernt haben. Vielleicht, weil der Tod russischer Kinder für sie keine Rolle spielte und immer noch spielt. Für sie sind wir eine Masse, keine Nation.

Übersetzt aus dem Russischen, der Artikel ist am 29.07.2023 auf ria.ru erschienen. 

Anmerkung: "Asow", "Rechter Sektor" und "OUN-UPA" sind in Russland als rechtsextremistische und terroristische Organisationen verboten.

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