Russland

Die Spezialoperation unterzieht das neue russische Scharfschützengewehr einer Bewährungsprobe

Der Kalaschnikow-Konzern hat ein neues Scharfschützengewehr entwickelt, welches das bisher genutzte, 60 Jahre alte Modell ersetzen könnte. Nachdem die technische Erprobung 2021 abgeschlossen wurde, kommt es nun in den praktischen Einsatz.
Die Spezialoperation unterzieht das neue russische Scharfschützengewehr einer BewährungsprobeQuelle: Sputnik © Ewgeni Odinokow

Von Sergei Koslow

Eine Waffe, die das legendäre sowjetische Scharfschützen-Gewehr Dragunow (SGD) ersetzen soll, wird gerade auf dem Schlachtfeld in der Ukraine getestet. Die Rede ist von dem neuen Scharfschützen-Gewehr Tschukawin (SGT-54). Einige Kämpfer, die mit der neuen Waffe zu tun hatten, berichteten der Zeitung Wsgljad über die Besonderheiten und Unterschiede der beiden Waffen.

Die Sondereinsatzkräfte Russlands haben eine Charge von Scharfschützen-Gewehren Tschukawin erhalten, um sie unter Kampfbedingungen in der Ukraine zu testen. Vor einiger Zeit berichteten die Medien über dieses Ereignis. Außerdem ist bekannt, dass die Erprobung des SGT-54 im Jahr 2021 abgeschlossen wurde.

Das neue Gewehr soll das berühmte Scharfschützen-Gewehr Dragunow ersetzen, das seit 1963 zur Ausrüstung gehört. Genau dieses klassische Exemplar hat der russische Präsident Wladimir Putin vor kurzem bei einem Besuch in einem Ausbildungszentrum der Mobilisierung persönlich in Augenschein genommen.

Allerdings sind 60 Jahre Dienstzeit für ein Gewehr ein hohes Alter, sodass eine Reihe von Parametern als veraltet gelten können. Die Weiterentwicklung von Scharfschützen-Waffen in der Welt steht nicht still, und nicht zuletzt deshalb gibt es in Russland ein neues Exemplar dieser Klasse: das Gewehr SGT-54.

Streng genommen, wenn man die Charakteristika und Möglichkeiten dieser Gewehre betrachtet, sind sie keine Scharfschützen-Gewehre im weitesten Sinne. Vielmehr handelt es sich dabei um Waffen mit verbesserter Kampftauglichkeit oder erhöhter Genauigkeit. Sie werden in konventionellen Infanterieverbänden eingesetzt.

Im Westen hat man sich sogar eine besondere Bezeichnung für den Scharfschützen ausgedacht, der mit solchen halbautomatischen Gewehren ausgerüstet ist: "Marksman". Der Einsatz solcher Scharfschützen im allgemeinen Gefecht ist gut erprobt und effektiv. Sie arbeiten entweder auf Befehl des Kommandeurs und schalten gefährliche Ziele auf dem Schlachtfeld aus, oder sie nehmen gleichberechtigt mit anderen Kämpfern am Kampf teil. Deswegen muss die Waffe des Marksmans eine gewisse Universalität aufweisen. In den USA wurden zu diesem Zweck automatische Sturmgewehre verwendet, die mit einem Zielfernrohr ausgestattet waren. In der Sowjetunion kam hingegen das SGD zum Einsatz.

Weshalb wurde beschlossen, das SGD auszutauschen?

Leider war der Einsatz von Scharfschützen in einem Gefecht der verbundenen Waffen weder in der sowjetischen, noch später in der russischen Armee eine Frage des ersten Ranges. In der sowjetischen Infanterie wurden die Scharfschützen einfach anhand einer Liste eingeteilt, und ein solcher Spezialist wurde nicht speziell dafür ausgebildet. Gerade deswegen war es der Kalaschnikow-Konzern und nicht das Verteidigungsministerium, der die Entwicklung des neuen Gewehrs initiierte. Bei der Ausarbeitung des Tschukawin-Gewehrs haben die Entwickler versucht, einige Mängel des SGD zu beseitigen, insbesondere im Bereich der Ergonomie. Zu Zeiten, als das SGD entwickelt wurde, schenkte man diesen Fragen nicht viel Aufmerksamkeit. Die bestimmenden Eigenschaften einer Waffe waren ihre taktisch-technischen Charakteristika, Einfachheit und Zuverlässigkeit.

Die Vereinheitlichung bei der Herstellung des Kalaschnikow-Sturmgewehrs, die zwar gut für die Massenproduktion des Gewehrs war, brachte schließlich eine Reihe von Nachteilen mit sich. Nicht nur der lange Lauf, sondern auch der Aufbau des Gewehrs führten zu einem starken Rückstoß. Und dies wiederum wirkte sich auf Faktoren wie die sogenannte Wiederherstellbarkeit aus (die Zeit, die benötigt wird, um das Bild im Sichtfeld wiederzufinden und eine zweite Anvisierung vorzunehmen).

Darüber hinaus äußerten sich die Anwender negativ über die große Länge des SGD, weshalb es auch als "Paddel" bezeichnet wurde. Die Versuche einer Modernisierung des SGD zeigten, dass eine Vielzahl moderner Optiken nicht verwendet werden kann, weil die Zielfernrohre bei dem SGD und dem Kalaschnikow-Gewehr an der seitlichen Schiene montiert werden, wodurch sich die gleichen Zielfernrohre anbringen lassen. Diese Eigenheit wirkt sich ebenfalls auf die Wiederherstellbarkeit des Visierpunktes aus, da eine absolute Wiederherstellung der Visierlinie nicht möglich ist. Die moderne Waffe eines Marksmans erlaubt die Verwendung von Läufen verschiedener Kaliber an ein und demselben Gewehr. Beim SGD war dies hingegen nicht möglich.

Besonderheiten der Konstruktion

So entstand die Initiative, ein neues Gewehr zu entwickeln, das maximal universell einsetzbar ist und einen Kampf in den verschiedensten Situationen ermöglicht. Das Ausbleiben eines staatlichen Auftrages hat den Konzern wahrscheinlich dazu veranlasst, eine Waffe zu entwickeln, die sich nicht ausschließlich an den heimischen Verbraucher richtet. Selbst äußerlich ähnelt das Tschukawin-Gewehr stark dem amerikanischen AR-10.

Das Gewehr verfügt außerdem über einen ausziehbaren Anschlag mit verstellbarer Wangenstütze und eine Picatinny-Schiene über die gesamte Länge des Laufs, sodass die Waffe mit jeder Art von Visier und anderen Anbauteilen ausgestattet werden kann.

Der Gewehrlauf, das Gehäuse und der Hinterschaft sind bündig montiert, um ein Ausschlagen der Waffe zu verringern und die Wiederherstellbarkeit zu verbessern. Der Nachladegriff befindet sich an der linken Seite des Gehäuses und ermöglicht ein bequemes Triggern der Verschlussvorrichtung in der Liegeposition.

Die Automatik des Gewehrs ist der Automatik der SGD gleichartig, hat also eine halbautomatische Konstruktion mit einem Kurzhubkolben. Sie funktioniert so, dass sie einen Teil der Pulvergase aus dem Lauf in die Gaskammer ableitet.

Das Tschukawin-Gewehr ist nach dem Prinzip einer Gardine konzipiert. Als Gardine fungiert ein langer, etwa 10 mm dicker Streifen, auf dessen Innenseite sich eine Führungsschiene befindet, für die Verschiebung des Verschlussgehäuses mit dem Verschluss, die sich im oberen Bereich des Gewehrs bewegen. An dieser Schiene ist ein Einsteckbolzen fest angebracht, durch den der Lauf befestigt wird. Die Gardine ist tragend und nimmt die gesamte Last auf. Daran werden alle übrigen Elemente der Waffe befestigt. Die Idee von der Bauausführung nach dem Schema einer Gardine ist der kleinen Dragunow-Maschinenpistole entlehnt, die im Rahmen des Wettbewerbs "Modern" entwickelt wurde.

Übersetzt aus dem Russischen

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