Russland

Wer ist der beim Sprengstoffanschlag verletzte Schriftsteller Sachar Prilepin?

Während der bei einem ihm geltenden Mordanschlag am Samstag schwer verwundete Politiker und Schriftsteller Sachar Prilepin in Russland jedermann bekannt ist, sind deutsche Leser natürlich nicht verpflichtet, ihn zu kennen. Wir erklären, wer Prilepin ist und warum er zur Zielscheibe ukrainischen Terrors wurde.
Wer ist der beim Sprengstoffanschlag verletzte Schriftsteller Sachar Prilepin?Quelle: Sputnik © Jekaterina Tschesnokowa, RIA Nowosti

Der Schriftsteller und politische Aktivist Sachar Prilepin, der noch vor Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine die abtrünnigen Republiken Donezk und Lugansk aktiv unterstützt hat, wurde in ein Krankenhaus gebracht, nachdem er am Samstag bei einem Bombenanschlag auf seinen Pkw verletzt worden war. Wie die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf die Rettungsdienste mitteilte, befindet er sich weiterhin in einem kritischen Zustand.

Die Explosion ereignete sich auf einer Straße 70 Kilometer von der Stadt Nischni Nowgorod in Zentralrussland entfernt. Prilepins persönlicher Assistent, der zum Zeitpunkt des Vorfalls am Steuer saß, wurde getötet.

Sachar Prilepin wurde im Jahr 1975 als Ewgenij Prilepin in dem Dorf Iljinka im Westen Russlands geboren. Nach Ableistung der Wehrpflicht arbeitete er in den 1990er Jahren als Polizeibeamter und wurde während des separatistischen und islamistischen Aufstands in Tschetschenien eingesetzt.

Später wurde er Journalist und machte eine Karriere als von der Kritik gefeierter Romanautor. In Umfragen wird er häufig zu den besten zeitgenössischen Schriftstellern des Landes gezählt. Bei einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts WZIOM zum beliebtesten Autor des Jahres 2022 gewählt. In den westlichen Medien wird Prilepin gemeinhin als "russischer Nationalist" bezeichnet.

Sein Krimi "Break Loose", der in einer russischen Kleinstadt spielt, wurde im Jahr 2013 verfilmt. Sein historischer Roman "Obitelj" (Kloster), der sich um ein abgelegenes sowjetisches Gefangenenlager in den 1920er Jahren dreht, wurde im Jahr 2021 als Fernsehserie umgesetzt.

Weitere Bekanntheit erlangte Prilepin als politischer Experte, der häufig im Fernsehen und im Radio auftrat und sogar eine eigene Sendung auf dem russischen Sender NTV moderierte. Er engagierte sich zunächst in der inzwischen verbotenen nationalbolschewistischen Partei von Eduard Limonow, bevor er im Jahr 2019 seine eigene konservative Partei "Für die Wahrheit" gründete.

Prilepin ist bekannt für seine radikale Haltung in der Außenpolitik und hat vorgeschlagen, die gesamte Ukraine in Russland einzugliedern. Im Jahr 2014 unterstützte er den Aufstand in der Region Donbass, die den vom Westen unterstützten Putsch in Kiew in jenem Jahr ablehnte und die Unabhängigkeit von der Ukraine erklärte, wodurch die Volksrepubliken Donezk und Lugansk (DVR und LVR) entstanden.

Nach dem Ausbruch des bewaffneten Konflikts zwischen ukrainischen Truppen und den Streitkräften des Donbass besuchte Prilepin mehrmals das Kriegsgebiet und wurde schließlich stellvertretender Kommandeur einer militärischen Einheit der DVR im Rang eines Majors. Er gab diesen Posten im Jahr 2018 mit der Begründung auf, dass er sich mehr auf das Schreiben konzentrieren wolle. Beide Donbass-Republiken traten inzwischen Russland bei, nachdem sie im September 2022 ein Referendum abgehalten hatten.

Im Januar meldete sich Prilepin bei der russischen Nationalgarde und kehrte an die Front zurück. Erst vor einer Woche sagte er dazu in einem Interview mit RT:

"Ich bin in denselben Krieg zurückgekehrt, an denselben Ort, an dem ich 2014 zum ersten Mal ankam, und fahre auf denselben Straßen wie vor neun Jahren. Dies ist meine Geschichte, die Geschichte meines Lebens."

Die Ukraine hat Prilepins Bücher im Jahr 2018 verboten. Letztes Jahr wurde er von der EU im Rahmen der Sanktionen gegen Russland wegen dessen Militäroperation im Nachbarstaat auf die Sanktionsliste gesetzt.

RT DE hatte in der Vergangenheit eine Reihe von Texten aus der Feder von Sachar Prilepin veröffentlicht, unter anderem: 

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Das Attentat auf Prilepin folgt auf eine Reihe ähnlicher Bombenanschläge. Im vergangenen August starb Darja Dugina, die Tochter des russischen Philosophen Alexander Dugin, bei einer Autobombe außerhalb von Moskau.

Anfang April explodierte eine Bombe in einem Café in Sankt Petersburg und tötete den bekannten Militärblogger und Donbass-Bewohner Wladlen Tatarskij. Moskau schrieb beide Morde ukrainischen Sonderdiensten zu.

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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.