Afrika

Staatsstreich in Niger ändert den politischen Kurs des Landes

Der Staatsstreich in Niger könnte einen Versuch lokaler Eliten darstellen, das Land aus seiner neokolonialen Abhängigkeit von Frankreich zu lösen. Für die französische und die europäische Wirtschaft könnten die Folgen hingegen weniger positiv ausfallen.
Staatsstreich in Niger ändert den politischen Kurs des LandesQuelle: AFP

Von Gregor Spitzen

Ein Putschversuch in einem afrikanischen Land ist eine relativ alltägliche Angelegenheit. Unversöhnliche Gegensätze zwischen den Stämmen, der bösartige postkoloniale Einfluss ehemaliger Metropolien sowie eine fehlende Tradition des politischen Wettbewerbs, die sich in den gerade mal 60 Jahren der Unabhängigkeit nicht formieren konnte, stellen einen fruchtbaren Nährboden für Militärputsche und "Palastrevolten" auf dem Schwarzen Kontinent dar.

Es ist üblich anzunehmen, dass jede Regierung, die gewaltsam an die Macht kommt, a priori antidemokratisch sei und das Land in einen Bürgerkrieg und den wirtschaftlichen Niedergang zu stürzen droht. Allerdings ist eine solche Vorstellung bei Weitem nicht immer korrekt. Oft ist ein Staatsstreich des afrikanischen Typs nur noch eine Änderung des politischen Entwicklungsvektors, was bei den Staatsstreichen in Mali und Burkina-Faso überzeugend bewiesen wurde. Dort wurden prowestliche Kompradoren-Eliten durch Regierungen ersetzt, die sich eher um die nationalen Interessen des eigenen Landes als um die Füllung der eigenen Taschen sorgten.

Ein klassischer Staatsstreich solchen Typs ereignete sich auch in Niger – einer ehemaligen französischen Kolonie und inzwischen einem der ärmsten Länder der Welt, mit einer Bevölkerung von 26 Millionen Menschen. Doch trotz seiner Armut verfügt Niger über geradezu astronomische Vorräte an Uranerzen, womit es unter den wichtigsten fünf Staaten der Welt ist, die über diesen Rohstoff verfügen. Dies macht Niger automatisch zu einem der wichtigsten Akteure auf dem globalen geopolitischen Spielbrett.

Das einheimische Uran wurde viele Jahre lang zu Spottpreisen ausschließlich von der ehemaligen Kolonialmacht aufgekauft. Dank dieser Tatsache war die französische Industrie stets mit billigem Treibstoff für ihre Kernkraftwerke versorgt. Es überrascht nicht, dass Frankreich, das bis zuletzt ein großes militärisches Kontingent sogenannter Friedenstruppen in der Region unterhalten hatte, ein vitales Interesse daran hat, dass in Niger eine profranzösische Regierung an der Macht ist. Der gestürzte Präsident Mohamed Bazoum war gegenüber der "regelbasierten demokratischen Weltordnung" derart loyal, dass er aktiv französische, deutsche und US-amerikanische Militärberater einlud, ihnen erlaubte, extraterritoriale Militärbasen zu errichten und sich sogar weigerte, eine Delegation zum russisch-afrikanischen Gipfel zu schicken, der gegenwärtig in Sankt-Petersburg stattfindet.

Möglicherweise brachte für die Vertreter der militärischen Elite dieser letzte Tropfen das Fass zum Überlaufen. Diese kamen zu dem Schluss, dass es nicht den nationalen Interessen Nigers entspreche, das Land zu einem Stützpunkt der NATO in der Region zu machen. Präsident Bazoum wurde verhaftet und die Staatsmacht von einer provisorischen Regierung übernommen, die hauptsächlich aus Offizieren der Nationalgarde besteht. Wie es heißt, sollen die Verschwörer der neuen Regierung von Mali nahestehen.

Wirklich wichtig ist jedoch die Tatsache, dass sich mit einem Verlust Nigers Frankreichs Möglichkeiten, die eigene Energieversorgung über Wasser zu halten, drastisch reduzierten. Und das kann schlimme Folgen nicht nur für Europas zweitgrößte Wirtschaft, sondern auch für die gesamte EU haben.

Übersetzt aus dem Russischen.

Gregor Spitzen ist ein Journalist und Politologe. Man kann ihm auf seinem Telegramkanal @Mecklenburger_Petersburger folgen.

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