Deutschland

Corona: Warum will das Lauterbach-Ministerium keine repräsentative Studie zum Antikörper-Status?

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Kubicki wollte vom Bundesgesundheitsministerium erfahren, ob zeitnah "eine eigene, repräsentative Untersuchung zur SARS-CoV-2-Seroprävalenz in der Gesamtbevölkerung" stattfinden wird. Dem Ministerium ist die Notwendigkeit und Bedeutung einer solchen Untersuchung "nicht eindeutig".
Corona: Warum will das Lauterbach-Ministerium keine repräsentative Studie zum Antikörper-Status?Quelle: Gettyimages.ru © Adam Berry / Freier Fotograf

Eine aktuelle Beantwortung der Bundestagsanfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Kubicki an das von Karl Lauterbach (SPD) geleitete Bundesgesundheitsministerium (BMG) offenbart den anhaltenden Unwillen der Bundesregierung, valide Zahlen zu erheben, um etwaige Maßnahmen-Korrekturen in der Coronakrise durchzuführen. Die Fragestellung von Kubicki lautete:

"Plant die Bundesregierung vor dem Herbst eine eigene, repräsentative Untersuchung zur SARS-CoV-2-Seroprävalenz in der Gesamtbevölkerung, ohne auf bestehende regionale oder ältere Untersuchungen zurückzugreifen, und wenn nein, warum nicht?"

Als Seroprävalenz bezeichnet man die Häufigkeit spezifischer Antikörper im Blutserum, die auf eine bestehende oder durchgemachte Infektionskrankheit hinweisen. Das BMG weist in seiner Antwort an Kubicki darauf hin, dass "bezüglich der Notwendigkeit, vor dem Herbst weitere großangelegte (...) Studien durchzuführen", anzumerken sei, dass bereits "mehrere laufende beziehungsweise (...) abgeschlossene Studien" existieren würden. Die Springer-Zeitung Welt veröffentlichte über ihren Twitter-Account das vollständige Original-Schreiben:

Die Erwähnung vorhandener Studien bezieht sich jedoch nicht auf verwertbare Zahlen aus Deutschland, sondern auf Ergebnisse aus dem Ausland. In Großbritannien wurde zum Beispiel eine dementsprechende repräsentative Blutuntersuchung auf den Weg gebracht und gibt nun den politischen Verantwortlichen wie Bürgern seit April dieses Jahres eine verwertbare Gewissheit. Die Welt ergänzt zu diesem Vorgang in einem Artikel:

"99 Prozent der britischen Bevölkerung haben Antikörper im Blut, entweder durch eine Impfung oder Infektion. Somit ist klar: Es ist geschafft. Die Briten sind durch, sie haben ihr Leben zurück."

Auf das Fehlen und die mangelnde Erhebung aussagekräftiger Zahlen in Deutschland wies schon im Dezember 2020 der Charité-Virologe Christian Drosten hin:

"In England wird systematisch wissenschaftliche Kooperation zwischen dem öffentlichen Gesundheitsdienst und der akademischen Wissenschaft, damit meine ich jetzt nicht das Gesundheitsamt oder im übertragenen Sinne auch das RKI, also die behördliche Seite, sondern Universitäten, akademische Forschung, das wird in England seit einigen Jahren systematisch. Das machen wir in Deutschland nicht. Da müssen wir unbedingt hinkommen."

Anstatt Folgestrategien für kommende Corona-Maßnahmen an belastbaren Zahlen auszurichten, wird vom verantwortlichen BMG unter Lauterbach weiterhin rein spekulativ vorgearbeitet. Zum Beispiel über den Vorgang immenser Impfstoff-Vorbestellungen existierender wie auch in Planung befindlicher Wirkstoffe. So offenbarte Lauterbach am 2. Juni auf einer Veranstaltung seine anscheinende Unwissenheit:

"Wir hören von Impfstoffen, angepassten Impfstoffen, wie stark sind diese Impfstoffe? Werden die also die bestehenden Impfstoffe ersetzen können, ergänzen können? (...) Wo geht's eigentlich hin? Haben wir es wirklich schon im Griff?"

Das Antwortschreiben des BMG verrät das Desinteresse der Politik an aussagekräftigen und damit hilfreichen Daten und Zahlen. So heißt es in der Beantwortung:

"Während seroepidemiologische Studien zu Beginn der Pandemie von großem Interesse waren, ist die Notwendigkeit, weitere seroepidemiologische Studien zu initiieren, nicht eindeutig (...) Zudem hat der reine Nachweis des Antikörperstatus keine Aussagekraft bezüglich der Ausprägung des Immunschutzes."

Der Virologe und Epidemiologe Klaus Stöhr, seit Kurzem neues Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, kommentierte laut dem Welt-Artikel zur Evaluierung der Auswirkungen und der bisherigen Wirksamkeit der politisch verordneten Corona-Maßnahmen in Deutschland, dass das BMG offenbar schwerpunktmäßig plant, "im Herbst, egal welche Risikogruppe, einen Impfstoff der Wahl anzubieten". Am 27. Mai antwortete Stöhr zum Thema der Notwendigkeit einer seroepidemiologischen Studie konträr der jüngsten Einschätzung des BMG:

"Ja, die Immunitätsstudie wird es geben: entweder finanziert aus der öffentlichen Hand (z. B. Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung) oder durch meine Gruppe. Das wird sich in der nächsten Woche, spätestens nach Pfingsten, entscheiden."

Dazu konnte der Welt-Artikel vermerken, dass Stöhr "eine Studie nach britischem Muster" vorschwebt, "sogar Geld dafür gesammelt" hätte. Die geplante Studie sei "unentbehrlich, um Immunitätslücken festzustellen, etwa "bei den wirklich Vulnerablen in den höheren Altersgruppen". Nur entsprechende Studienergebnisse könnten "eine gezielte, ressourcensparende Impfkampagne" rechtfertigen. Genaue Zahlen seien gut, die "Angstlast" der Besorgten zu senken, so der Welt-Artikel, der Stöhr zitierte. 

Der Charité-Immunologe Andreas Radbruch formulierte in dem Artikel noch forcierter mögliche Gründe des BMG, Immunitätsstudien nicht durchführen zu wollen:

"Warum ist das Bundesgesundheitsministerium gegen eine Feststellung der Immunität in Deutschland? Weil das womöglich das Ende des Narrativs der Impflücke ist."

Die Situation einer vermeintlich bedenklichen Impflücke in Deutschland war eines der Hauptargumente von Lauterbach im Rahmen der Diskussion um eine Impfpflicht:

Radbruch ist laut dem Welt-Artikel aktuell der Ansicht, dass Deutschland im Herbst keine Überlastung des Gesundheitssystems drohe. "Die vierte Impfung im Herbst, von Gesundheitsminister Lauterbach eher verlangt als empfohlen, hält er zu diesem frühen Zeitpunkt für fragwürdig", so Radbruch. Das Antwortschreiben des BMG endet mit der Feststellung, dass "die Aussagekraft von repräsentativen Untersuchungen (...) in der Gesamtbevölkerung zu einem späten Zeitpunkt des Pandemieverlaufs nur bedingt aussagekräftig" sei.

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